Eifersucht

Fast alle in Beziehungen lebenden Menschen sind eifersüchtig, das Ausmaß richtet sich nach der empfundenen Position in der Beziehung, Absolutheit und Ausschließlichkeit des Beziehungsanspruchs und der Bedeutung des Machtmotivs in der Beziehung, eigener Selbstsicherheit, Ängstlichkeit (insbesondere Angst vor dem Verlust der Zugehörigkeit) und Persönlichkeit, aktuellen Lebensumständen und vielen anderen Faktoren, die teilweise über das Leben hinweg konstant, teilweise von der Umgebung und Kultur abhängig sind. Übersteigerte Eifersucht kann Beziehungen zerstören. Krankhaft eifersüchtige Männer verbieten ihren Frauen die Berufstätigkeit. Oft werden krankhaft eifersüchtige Partner bei jedem angenehmen Gesprächskontakt des Partners zum anderen Geschlecht schon gereizt und machen „Szenen“. Eifersucht scheint für Betroffene immer im Verhalten des Partners begründet, die Realitätskontrolle kann dabei leicht verloren gehen. Das Paar isoliert sich, die Empfindlichkeit steigt. Je einschränkender der Partner umso größer wird der Freiheitsdrang des anderen Partners, der mehr und mehr „heimlich“ befriedigt werden muss. Ständige kontrollierende Fragen können immer weniger wahrheitsgemäß beantwortet werden. Die Beziehung stirbt an Langeweile und Streit.

Die mit Eifersucht verbundenen Gefühle können bekanntlich sehr qualvoll sein und sogar Gewalt auslösen. Bei etwa jedem vierten Mord oder Totschlag ist Eifersucht das Tatmotiv. Sie ist einer der häufigsten Gründe für Gewalt (durch Männer) in der Ehe und erklärt einen großen Teil der Gewalttätigkeiten unter Alkoholeinfluss in der Ehe. Eifersucht geht vor allem mit der Angst einher, den Partner zu verlieren. Zudem wird befürchtet, bei einer Untreue des Partners die Intimität und Aufmerksamkeit zu verlieren, gedemütigt zu werden und ins finanziell Ungewisse zu stürzen. Weitere mögliche Gefühle sind Schmerz, Zorn, gereizten Erregungszuständen, Traurigkeit, Unruhe, Scham, Erniedrigung, Hoffnungslosigkeit und Unruhe, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen. Auch körperliche Symptome wie Ein- und Durchschlafstörungen, Herzklopfen, Gewichtsabnahme, Schweißausbrüche kommen vor. Die Betroffenen beschäftigen sich oft ständig mit den aufdrängenden Gedanken an die Untreue des Partners. Die Eifersucht ist also ein Komplex aus verschiedenen peinigenden Gefühlen, die individuell unterschiedlich ausgeprägt sind.

Diese Gefühle führen zu bestimmten Verhaltensweisen. Am häufigsten wird in Untersuchungen das Befragen und Kontrollieren des Partners genannt. Wer eifersüchtig ist, durchsucht die Taschen des anderen, kontrolliert den Partner durch Anrufe und öffnet dessen Post, kontrolliert das Handy. Ausgelöst wird dies alles naturgemäß dann, wenn der Partner ein verstärktes Interesse an einer anderen Person zeigt. Dafür reicht bei krankhafter Eifersucht oft ein normaler Gesprächskontakt, zu einem gegengeschlechtlichen Menschen. Bei normaler Eifersucht wird meist ein tatsächliches Flirten wahrgenommen. Der stärkste Auslöser ist eine Affäre mit einer den beiden Partnern bekannten Person. Weitere Auslöser sind die Unsicherheit über den momentanen Aufenthalt des Partners, Stress und bei Frauen die prämenstruelle Phase.

Wenn man Frauen und Männer mit hypothetischen Szenarien sexueller versus emotionaler Untreue ihres Partners bzw. ihrer Partnerin konfrontiert und bittet anzugeben, welche Art von Untreue sie mehr aufregt, wählen Männer relativ häufiger als Frauen sexuelle Untreue. Dieser Befund wird aus evolutionsbiologischer Sicht mit geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Kosten beider Arten von Untreue erklärt. Da Männer sich ihrer Vaterschaft nicht sicher sein können, zieht sexuelle Untreue der Partnerin potentiell Investitionen des Mannes in die Aufzucht von Kindern nach sich, die mit ihm nicht genetisch verwandt sind. Für Frauen hingegen ist vor allem die emotionale Hinwendung des Partners zu einer anderen Frau bedrohlich, da dies den Verlust der Kooperation des Mannes bei der Aufzucht ihrer eigenen Nachkommen bedeuten kann. Aus dieser Sicht müsste sexuelle Untreue der Frau für einen Mann weniger bedrohlich sein, wenn es sich bei dem Rivalen um seinen Bruder handelt, als wenn der Rivale ein Fremder ist, da potentielle Nachkommen im ersteren Falle genetisch stärker mit dem Mann übereinstimmen als im letzteren. Bei weiblichen Befragten lassen sich für den Vergleich ´Schwester-Fremde´ weniger klare Vorhersagen ableiten. In einem Experiment mit 198 britischen Studierenden zeigte sich eine Replikation des klassischen Geschlechtseffekts bei Reaktionen auf sexuelle versus emotionale Untreue.

Im Widerspruch zur evolutionären Sicht gaben jedoch 89% der Männer und 94% der Frauen an, dass sexuelle Untreue der Partnerin bzw. des Partners mit ihrem Bruder bzw. ihrer Schwester für sie schlimmer wäre als mit Fremden. Bei der Analyse von rund 1500 Testamenten in Kalifornien ergab sich ein spezifisches Muster bei Familien mit Kindern: Männer gaben im Mittel 80% des Erbes an die überlebende Gattin und nur 17% an die Kinder. Frauen wiesen den Witwern nur einen Anteil von 40% zu, dagegen ihren Kindern einen von 48%. Die Ergebnisse werden im Rahmen des Gesamtfitness-Ansatzes interpretiert: Da Frauen eine kürzere reproduktive Phase haben als Männer, ist es bei letzteren wahrscheinlicher, dass sie erneut heiraten und Kinder kriegen. Frauen können daher weniger als Männer darauf vertrauen, dass der oder die Überlebende das Vermögen an die gemeinsamen Kinder weitergeben. Die Unterschiede in den Zuweisungen sollten also nur auftreten, wenn sich die Frau bereits jenseits ihrer reproduktiven Phase befindet, der Mann aber noch in ihr. Sind dagegen beide noch in Lage, weitere Kinder zu kriegen, sollten die Anteile von Witwern und Witwen annähernd gleich sein. Diese Annahme wurde in zwei Experimenten geprüft. In beiden Studien wurden die Vpn gebeten, sich in eine Person zu versetzen, die ihr Testament macht und ihr Vermögen zwischen dem gleichaltrigen Lebenspartner und zwei Kindern aufteilt. Alter (36 Jahre vs. 51 Jahre) und Geschlecht des Erblassers wurden unabhängig variiert. Im ersten Experiment nahmen die Vpn die Zuweisung der Ressourcen selbst vor, im zweiten bewerteten sie drei vorgegebene Aufteilungen (Gleichaufteilung, Bevorzugung des Partners, Bevorzugung der Kinder). Die Ergebnisse entsprechen im wesentlichen den theoretischen Vorhersagen und sind weitgehend unabhängig von Alter, Geschlecht und erbschaftsbezogenen Zielvorstellungen der Vpn. Männer und Frauen erleben und bewerten ihre Partnerschaft zum Teil unterschiedlich. Anhand einer Längsschnittuntersuchung an über 600 Paaren verschiedener Altersbereiche werden diese Wahrnehmungsunterschiede in verschiedenen Bereichen aufgezeigt. Die Befunde bestätigen gängige stereotype Vorstellungen über die Geschlechtsspezifität dyadischer Wahrnehmungsprozesse nur zum Teil. So etwa findet die Annahme, dass Frauen eine engere Bindung an die Partnerschaft zeigen als Männer, in den Daten keine Bestätigung. Im Gegenteil scheinen Separationstendenzen (z.B. Trennungsgedanken) bei weiblichen Teilnehmern akuter und stärker als bei den männlichen Teilnehmern. Letzteres deckt sich auch mit der Tatsache, dass Frauen häufiger die Scheidung einreichen als Männer. Auch einstellungsmäßige Vorbehalte gegen die Auflösung der Ehe zeigen sich bei weiblichen Teilnehmern schwächer ausgeprägt. Weitere Geschlechtsunterschiede finden sich in den Vorstellungen gelingender Partnerschaft, der subjektiven Fairness in der Beziehung sowie dem partnerschaftsspezifischen Kontrollerleben.

Nach einer evolutionspsychologischen Hypothese reagieren Frauen (aus Gründen von Versorgungsinteressen, resource interests) in imaginierten Forced-Choice-Szenarien von Beziehungsuntreue mehrheitlich mit emotionaler Eifersucht bzw. finden emotionale Untreue des Partners belastender, während Männer (aus Gründen der Vaterschaftssicherung, paternity confidence) in solchen Szenarien tendenziell mit sexueller Eifersucht reagieren bzw. sexuelle Untreue der Partnerin belastender finden. Etliche in den letzten Jahren dazu durchgeführte fragebogenbasierte Studien erbrachten Evidenz im Sinne dieses Geschlechtsunterschied. Zugleich wurde aber auch dessen vorgebliche kulturelle Invarianz in Frage gestellt: in ostasiatischen und US-amerikanischen Stichproben fiel der Geschlechtsunterschied signifikant größer aus als in mittel- und westeuropäischen Stichproben (Voracek, 1999).

Quälende Eifersuchtsgrübeleien, die häufig auch Beziehungen gefährden und nicht die Kriterien einer wahnhaften Störung erfüllen, sprechen oft gut und dauerhaft auf Fluoxetin oder andere SSRI an. Meist liegt eine erhebliche Selbstwertproblematik zugrunde, die bei dem eifersüchtigen Partner auch einer Psychotherapie bedarf. Das Thema der Eifersucht zeigt oft sehr direkt die Minderwertigkeitsgefühle des Eifersüchtigen. Beweise sind zum Funktionieren und Gedeihen einer Partnerschaft selten nützlich, wer immer nach Beweisen sucht, sollte sich fragen warum er Probleme mit dem Vertrauen hat, das die gesunde Basis einer Partnerschaft stellen muss. Übertrieben eifersüchtige lieben nicht mehr als andere, sie wollen nur mehr kontrollieren als andere. Sie schränken damit ihre Partner in deren persönlichen Freiheiten ein. Es gibt kein Recht Partner zu kontrollieren. Der übertrieben oder krankhaft Eifersüchtige muss erkennen, dass er das Problem in der Beziehung ist, und dass sich dieses Problem in jeder anderen Beziehung wiederholen würde. Das Erlernen der Selbstkontrolle ist also gefragt.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur