Eine Studie in Neuseeland beobachtete 961 junge Erwachsene, die 94% einer Geburtenkohorte einer Stadt darstellten (damit sehr repräsentativ waren) und von April 1972, bis April 1973 geboren wurden, im Alter von 5, 7, 9, 11, 13, 15, 18, und 21 Jahren. Alle wurden psychiatrisch untersucht, bei allen wurde die Anzahl von kriminellen Delikten sowohl nach eigenen Angaben, als auch nach offiziellen Urteils- Aufzeichnungen registriert. Die 12 Monatsprävalenz psychischer Störungen betrug in der Studie insgesamt 40% ähnliche den 37% anderer Studien der selben Altergruppe. Depressive Störungen 17.9%, Angststörungen 17.7%, manische Episoden 2.0%; Eßstörungen 1.4%, Alkoholabhängigkeit 9.8%; Marijuanaabhängigkeit 9.5%; und Schizophrenie-Spektrum Störungen 4.1%. 1.6% waren durchschnittlich 25 Tage stationär in der Psychiatrie und 4.7% waren eine oder mehrere Nächte im Gefängnis. Individuen die nach den DSM-III-R Interviews als Alkoholabhängige, Marijuanaabhängige, und an Schizophrenie leidend eingestuft wurden, waren 1.9 (95% confidence interval [CI], 1.0-3.5), 3.8 (95% CI, 2.2-6.8), und 2.5 (95% CI, 1.1-5.7) mal wahrscheinlicher wegen gewalttätiger Auseinandersetzungen angeklagt bzw. dafür ursächlich, als Kontrollpersonen ohne diese Leiden. Personen mit mindestens einer dieser drei Erkrankungen stellten 1/5 der Gesamtpopulation dar, aber die Hälfte aller „Gewaltverbrechen“ ging von ihnen aus. 10% von der Gruppe der an Schizophrenie leidenden, hier war am häufigsten ein Bedrohungsgefühl und eine Vorgeschichte mit einer Störung des Sozialverhaltens.auslösend (daneben bestand hier häufig eine Komorbidität zu den anderen beiden Störungen). Bei den Alkoholabhängigen war die Ursache in der Enthemmung durch die Alkoholwirkung gesehen worden, bei den Marijuanaabhängigen bestand häufig bereits zuvor eine Vorgeschichte mit einer Störung des Sozialverhaltens.
Die Autoren der Untersuchung vermerken zurecht, dass solche Ergebnisse auch bei den Wissenschaftlern unbeliebt sind, da sie Vorurteile gegen psychisch Kranke schüren können. Allerdings kann durch die Erforschung solcher Zusammenhänge auch die Entwicklung von Strategien gefördert werden, rechtzeitig der Gewalt im Zusammenhang mit psychischen Störungen (und damit auch den Ängsten der Öffentlichkeit) entgegen zu wirken. Die Daten sind, darauf sei explizit hingewiesen, an jungen Erwachsenen erhoben worden, die meist nicht wegen ihrer Krankheit in Behandlung waren und bei denen zuvor meist keine Diagnose gestellt worden war. Statistiken bei behandelten älteren Schizophrenen ergeben niedrigere Zahlen. Schon andere Autoren hatten darauf hingewiesen, dass beginnende schizophrene Störungen bei Jugendlichen häufig als Störung des Sozialverhaltens fehldiagnostiziert werden, da bei oberflächlicher Betrachtung deren Verhalten antisozialer Aktivität ähnelt. Störung des Sozialverhalten auf Grundlage bizarrer Vorstellungen ist oft eine Vorstufe schizophrener Erkrankungen. Gewalttätigkeit unter Jugendlichen sollte als Ergebnis der Studie auch aus prophylaktischen Gründen Anlass für eine psychiatrische Diagnostik sein.
Eine andere Fallkontroll- Studie kommt zum Schluss, dass nach Herausrechnen anderer Risikofaktoren etwa 20,6% der Verbrechen durch Frauen und 15,3% der Verbrechen durch Männer den Folgen von psychischen Störungen in der Kindheit zuzuordnen sind. Zum Vergleich gehen etwa 11% der Herzinfarkte bei Erwachsenen auf eine Fettsucht (BMI >25) bei Kindern zurück. Die Hälfte der jungen Erwachsenen mit Vorstrafenregister in der Studie hatte eine Vorgeschichte mit einer psychischen Störung, verglichen mit einem von 3 jungen Männern und einer von 4 jungen Frauen ohne Vorstrafenregister. Am stärksten gefährdet waren diejenigen bei denen zu einer Depression oder Angsterkrankung noch eine Suchterkrankung kamen. Am J Psychiatry 2007 164: 1668-1675
Quellen / Literatur:
Louise Arseneault et al. Mental Disorders and Violence in a Total Birth Cohort: Results From the Dunedin Study Arch Gen Psychiatry. Oktober 2000;57:979-986