Man versteht darunter die chronische Kompression (Zusammendrücken) des Medianus-Nerven im Karpalkanal, d.h. bei seinem Durchtritt unter einem Band, (dem Retinaculum flexorum), ohne besondere äußere Einwirkung.
Wenn die Hände einschlafen und „anschwellen“
Karpaltunnelsyndrome sind häufig, einfach zu diagnostizieren und zu behandeln. Dennoch werden diese häufigen Druckschädigungen eines Handnerven oft nicht erkannt und fehldiagnostiziert.
Fast jedem Menschen schläft bei ungünstiger Stellung des Armes ab und zu die Hand ein. Manchmal tritt dabei auch eine Schwäche bestimmter der Muskeln ein. Je nach Haltung und je nach dem auf welchen Teil des Armes aufgestützt wurde hat dies unterschiedliche Ursachen. Meistens ist das ganze harmlos und verschwindet bei Lagewechsel und Schütteln schnell wieder. Ursache war dann meist nicht, wie häufig vermutet, eine Störung der Durchblutung sondern, dass ein Nerv gegen eine harte Unterlage gedrückt wurde. Wenn eine Hand taub wird, kann das aber viele Ursachen haben. Ein Taubheitsgefühl an einem Arm oder einer Hand kann schlimmstenfalls auch ein Vorbote eines Schlaganfalls oder der erste Hinweis auf einen Hirntumor sein. Im Zweifel sollte immer möglichst bald eine neurologische Untersuchung erfolgen. Meistens liegen dem Taubheitsgefühl und Kribbeln aber harmlose Ursachen zugrunde.
Unterschiede zu anderen Armnervendruckschäden
Unterschieden werden muss das Karpaltunnelsyndrom von vorübergehenden Druckschäden der anderen Armnerven. Viele Menschen stützen häufig ihrem Arm im Ellbogengelenk auf. Dabei kann der Ulnarisnerv gegen den Knochen in der dortigen Knochenrinne gedrückt werden. In der Folge entsteht ein taubes Gefühl am Kleinfinger und an der dem Kleinfinger zugewandten Seite des Ringfingers. Wenn es schlimmer kommt entsteht auch eine vorübergehende Schwäche der meisten Handmuskeln. Fingerspreizen, die Finger zusammenhalten oder zu beugen ist dann vorübergehend nicht mehr möglich. Wird zeitig reagiert und durch Wechsel der Armstellung der Nerv entlastet bildet sich alles schnell zurück. Verbleibt der Betroffene trotz des warnenden Kribbelns in der Körperposition mit Aufstützen des Ellbogens, weil das Buch das er gerade liest so spannend ist oder weil er wegen Alkoholgenuss oder Müdigkeit das Kribbeln nicht bemerkt, so kann die Schwäche und das Taubheitsgefühl über Wochen oder gar Monate anhalten. Manchmal entsteht dieses Schädigungssyndrom des Ulnarisnerven auch durch häufiges Beugen des Ellbogens, bei diesen Menschen liegt oft eine mangelhafte Befestigung des Nerven in der Knochenrille im Ellbogen zugrunde, hier muss manchmal ein Operation erfolgen um den Nerven vor weiteren Schäden zu schützen. Ein Aufstützen des Armes am unteren dem Körper zugewandten Oberarm auf einer Sessel- oder Stuhllehne kann den Radialisnerven einquetschen. Meist kann dann das Handgelenk und die Finger nicht mehr richtig gestreckt werden und es entsteht ein taubes Gefühl im Bereich der Mittelhand zwischen Daumen und Ringfinger. Auch hier gilt, wird zeitig reagiert und durch Wechsel der Armstellung der Nerv entlastet bildet sich alles schnell zurück. Verbleibt der Betroffene trotz des warnenden Kribbelns in der Körperposition mit Aufstützen des Oberarmes, so kann die Schwäche und das Taubheitsgefühl über Wochen oder gar Monate anhalten. Weil diese bleibende Lähmung bei Trinkern die im Park auf einer Bank mit aufgestütztem Arm einschlafen häufig ist, wird sie auch als Parkbanklähmung bezeichnet.
Beschwerden / Symptome
Geklagt wird hier über Missempfindungen an der ganzen Hand, die Finger sind steif und sie werden als geschwollen und gespannt empfunden. Sichtbare Veränderungen fehlen dabei. Betroffene wachen mit zunehmender Häufigkeit morgens mit eingeschlafener Hand auf, manchmal treten die Beschwerden schon in der Nacht, wenige Stunden nach dem Einschlafen auf und führen zu Durchschlafstörungen. Die Patienten schütteln und massieren die Hand, verlassen dabei oft das Bett und sind nach kurzer Zeit erleichtert. Nach erneutem vorübergehendem Einschlafen können sich die Beschwerden mehrfach in einer Nacht wiederholen. Oft strahlen die Schmerzen bis zum Oberarm und zur Schulter aus. Morgens bestehen dann Anlaufstörungen, die Hand ist ungelenkig und wird als steif empfunden, das Zähneputzen und Ankleiden werden mühsam. Nach einer Stunde verliert sich dies meist. Die medizinische Bezeichnung für diese Beschwerden ist Brachialgia (Armschmerz) paraesthetica (mit Kribbeln) nocturna (nachts). Diese Beschwerden sind oft das einziges Symptom über viele Jahre. Mit der Zeit treten diese Beschwerden dann tagsüber bei der Arbeit auf. Ohne Behandlung können schließlich bleibende Gefühlsstörungen und Missempfindungen an den ersten 4 Fingern der Hand und ein Schwund des Daumenballenmuskels auftreten. Gleichförmige Tätigkeiten verstärken die Missempfindungen. Nach dem Auftreten von Muskelatrophien sind Ungeschicklichkeiten und Schwäche der Hand die Folgen. Die Patienten werden in feineren Verrichtungen dadurch behindert, so z.B. beim Nähen. Eine Schwäche der Daumenballenmuskulatur fällt Ihnen meist nicht auf. Feinarbeiten können nicht mehr ausgeübt werden. Verlust der Schutzsensibilität kann (sehr selten) zu trophischen Ulzera führen.
Diagnose und Ursache
Karpaltunnelsyndrome treten je nach Statistik bei 1-14% der Bevölkerung auf. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, Menschen zwischen dem 40. und 60.Lebensjahr sind am häufigsten betroffen. Eine Schwangerschaft, Wechseljahre, Gewichtszunahme, schwere körperliche Arbeit, lokale Schwellungen, Stoffwechselstörungen, Handgelenksveränderungen durch Arthrose, Rheumatische Veränderungen oder nach einem Knochenbruch, oder Sehnenscheidenverdickungen, ein Ganglion, Haemodialyse und andere Erkrankungen können ein Karpaltunnelsyndrom begünstigen. Computerarbeit scheint nach einer großen dänischen Untersuchung das Karpaltunnelsyndrom nicht wesentlich zu begünstigen. Nach einer anderen Studie haben zwar 30% aller Computernutzer gelegentliche Parästhesien der Hände, aber nur bei 10% treffen die klinischen Kriterien des Karpaltunnelsyndroms zu und nur bei 3,5% finden sich dann auch auffällige Messwerte. Die Arbeitshand ist meist zuerst betroffen, später kommt es nicht selten zu einem Übergreifen auf die andere Hand. Obwohl die Beschwerden typisch sind, wird bedauerlicherweise vielfach irrtümlich ein Halswirbelsäulen- Syndrom oder ähnliches diagnostiziert. Taubheitsgefühle, die von der Halswirbelsäule kommen haben aber eine andere Verteilung und sind in der Regel ständig vorhanden, stören meist wenig, die Schmerzen sind dabei meisten am stärksten im Nacken. Die Diagnose des Karpaltunnelsyndroms erfolgt immer mit Messung der Nervenleitgeschwindigkeiten und in manchen Fällen einem zusätzlichen EMG. Ursache ist, dass der Nerv im Engpass zwischen einem Band am Handgelenk (dem Retinaculum flexorum) und Sehnen, Sehnenscheiden und Handwurzelknochen gequetscht wird. Der Druck auf den Nerven steigt dabei bei extremer Streckung wie Beugung im Handgelenk erheblich an. Solche Drucksteigerungen kommen je nach Lage der Hand auch häufig im Schlaf vor. Ca. 7-25% der schwangeren Frauen leiden im 3. Schwangerschaftsdrittel unter Parästhesien. Diesen „Schwangerschaftsparästhesien“ liegt in der Regel ein KTS zugrunde. Während bisher die meisten Autoren davon ausgingen, dass die Symptome nach der Geburt verschwinden und somit eine konservative Behandlung ausreichend sei, plädieren neuere Arbeiten eher für ein operatives Vorgehen, da Verlaufsbeobachtungen zeigten, dass in einem hohen Prozentsatz entweder bereits unmittelbar nach der Geburt oder später die operative Behandlung notwendig wurde.
Eine Japanische Ultraschalluntersuchung geht davon aus, dass die Ursache des CTS ein primär und anlagemäßig verdickter Nervus medianus ist. Sie fanden eine lineare Korrelation zwischen der Dicke des Nerven und der Schwere des CTS nach den eletrophysiologischen Werten. (Nakamichi KI et al, Enlarged medianus nerve in ideopathic carpal tunnel syndrome, Muscle Nerve 23 (2000) 1713-1718) Häufiger vergesellschaftet ist eine CTS auch mit einer Epicondylitis.
Der Medianusnerv verläuft im Karpalkanal zusammen mit den Sehnen und Sehnenscheiden der langen Fingerbeuger in dem knappen Raum zwischen den der Handinnenfläche zugewandten Handwurzelknochen und dem straffen Retinaculum flexorum Diesen Zwischenraum nennt man Karpalkanal. Begünstigend für das Auftreten klinischer Symptome wirkt sich eine anlagebedingte Enge des Karpalkanals aus. Eine verursachende Rolle spielt die Druckerhöhung im Karpalkanal, z.T. abhängig von der Handstellung (Knicken nach der Rückseite verdreifacht den Druck]. Änderungen des Karpalkanalinhaltes und somit des Volumens führen zu Druckerhöhungen. Bei einem Karpaltunnelsyndrom wurden Durchschnittswerte in Neutralposition von 32 mm Hg (14,3 mm Hg andere Untersucher) mit Erhöhung bei Flexion auf 94 mm Hg (143,9 mm Hg) und bei Extension auf 110 mm Hg (157,8 mm Hg).. Der Druck im Karpalkanal in Neutralposition bei Patienten der Kontrollgruppe betrug 2,5 mm Hg, bei Flexion und Extension erhöhte er sich auf ca. 30 mm Hg. Der Karpalkanal, ist radial von den Tubercula des Os naviculare und des Os trapezium und ulnar durch das Os pisiforme und durch den Hamulus ossis hamati begrenzt, er ist proximal durchschnittlich 12mm, distal 13mm und in der Höhe der Mitte der distalen Karpalknochenreihe 10mm tief. Die Fläche des Querschnittes beträgt im proximalen Beginn etwas mehr als 1,6 cm 2 , am distalen Ende 1,7 cm 2 und in der Mitte durchschnittlich 1,6 cm . Bei Extension wölbt sich das Os lunatum in den Karpalkanal vor, bei Flexion das distale Ende des Os capitatum und der proximale Rand des Retinaculum flexorum nähert sich dem Radius.
Ausläufer der Unterarmfaszie bilden das Ligamentum carpi palmare zwischen dem M. flexor carpi ulnaris und dem ulnaren Rand des M. palmaris longus. Dessen radialer Anteil ist fest mit dem Retinaculum flexorum verwachsen. Das Ligamentum carpi palmare besteht aus einem oberflächlichen lockeren und einem tiefen festen Anteil, der zu Kompressionen führen kann. Der proximale Rand des Retinaculum flexorum liegt über der proximalen Handwurzelreihe, der distale über den Basen der Ossa metacarpi II-V. Das Retinaculum flexorum ist ca. 22 mm breit und ca. 26mm lang. Proximal und distal ist es ca. 0,6 mm, in der Mitte aber bis zu 1,6 mm dick.
Klinischen Tests
Klinische Tests- können zur Orientierung eingesetzt werden- als alleinige Grundlage einer Operationsentscheidung taugen sie nicht. Schon alleine, weil nach Op. wenn wieder Beschwerden auftreten, der Messwert vor Op. entscheidend ist, um beurteilen zu können, ob ein Rezidiv eingetreten ist. Darüber hinaus ergeben sich bei der Messung auch immer wieder Überraschungen.
- Flexions-Kompressions-Test: Bei gestrecktem Ellbogengelenk und supiniertem (Hand gedreht wie beim Suppe löffeln) Unterarm das Handgelenk 60° gebeugt und ein Druck mit dem Daumen auf den Nervus medianus im Karpaltunnelbereich ausgeübt. (bei 3/4 der Patienten auslösbar)
- Hoffmann-Tinel-Zeichen: Bei neutraler Handgelenksposition wird durch Beklopfen des Nervus medianus im Verlauf über dem Handgelenk eine verstärkte sensible Sensation ausgelöst. (bei 3/4 der Patienten auslösbar)
- Phalen-Test: Bei aufgestütztem Ellbogen und senkrechtem Unterarm werden die Hände nach palmar (vorne) in Flexion (Beugung) fallen gelassen. Innerhalb von 60 Sekunden treten stärkere Parästhesien auf. (etwa bei 2/3 der Patienten).
- Karpal-Kompressions-Test: Bei neutraler Handgelenksposition wird durch einen Druck auf den Nervus medianus in Höhe des Karpaltunnels eine Karpaltunnelsyndromsymptomatik ausgelöst oder verstärkt. Der Test kann auch bei eingeschränkter Beweglichkeit im Handgelenk, wenn der Phalen-Test nicht möglich ist, durchgeführt werden. (bei 3/4 der Patienten auslösbar)
Elektrophysiologische Befunde
Einen entscheidenden Beitrag zur Diagnose leistet das Elektromyogramm bzw. die Messung der Erregungsleitungsgeschwindigkeit Die distale Latenzzeit bei Reizung mit einem kurzen Stromreiz am Handgelenk in einem Abstand von 4,5-5,5cm von der Ableitelektrode am Daumenballenmuskel beträgt bei Normalen 2,5 bis 4,3 ms. In Fällen von Karpaltunnelsyndrom ist sie nur bei etwa 15% normal, bei den übrigen verlängert. Zusätzlich wird auch die Messung der sensiblen Erregungsleitungsgeschwindigkeit von den dem Daumen zugewandten Fingern zum Handgelenk durchgeführt. Diese Untersuchungen sind für schmerzempfindliche Patienten etwas unangenehm (allerdings ungefährlich und schnell vorbei). Ohne diese Untersuchungen kann die Diagnose aber nicht sicher gestellt werden. In seltenen Fällen kann die motorische Nervenleitgeschwindigkeit des N. medianus im Unterarmabschnitt ebenfalls verlangsamt sein. Es handelt sich dabei meist um ausgeprägte KTS. Hierfür ist ein selektiver Ausfall schnellleitender motorischer Axone in Kombination mit einer retrograden Degeneration distal geschädigter Axone verantwortlich. Die Kernspintomographie kann zwar ebenfalls eine Abflachung des komprimierten Nerven und strukturelle Auffälligkeiten wie etwa Signalaufhellungen zeigen. Aus Kostengründen ist diese Untersuchung aber nicht indiziert. Sonographien könnten eventuell ukünftig eine Bedeutung gewinnen.
Therapie
Die Therapieentscheidung hängt von der Anamnesedauer und der subjektiven Beeinträchtigung ab. Hilfreich ist eine Stadieneinteilung
- Schmerzen und Missempfindungen ohne neurographische Auffälligkeiten,
- leichte, motorische oder sensible Leitungsverzögerungen im Karpaltunnelabschnitt,
- Auftreten von Taubheit und einer Thenarschwäche bei beginnender axonaler Schädigung
- Thenaratrophie und permanentes Taubheitsgefühl im Versorgungsgebiet des Nerven ohne Reizerscheinungen oder Schmerzen
Wenn die Beschwerden nur zeitweise auftreten und wenig beeinträchtigen
Leichte Druckschädigungen kann man mit einer gut gepolsterten Schiene, die während der Nacht das Handgelenk in neutraler Mittelstellung fixiert behandeln, die Schiene kann auch tagsüber getragen werden, so sie bei der alltäglichen Arbeit nicht hinderlich ist. Leichte Beschwerden mit geringen Verlangsamungen der Nervenleitgeschwindigkeit bessern sich dadurch häufig. Für Patienten, die am Computer arbeiten müssen, kann eine Schiene mit einer zusätzlichen 10-20gradigen radialen oder ulnaren Deviation angefertigt. Die Hände sollen zusätzlich vor dem Keyboard des Computers in richtiger Höhe gelagert werden. Ledermanschetten mit palmarer Versteifung bzw. Spezialhandschuhe, die Vibrationen auf die Handgelenke abfangen, haben sich für Arbeiter sehr bewährt. Zusätzlich ist es manchmal sinnvoll für 6 Wochen Tätigkeiten, die das Handgelenk sehr beanspruchen zu reduzieren, eine Arbeitsunfähigkeit, kann man wegen eines KTS allerdings nur selten bescheinigen. Entzündungshemmende nicht steroidale Medikamente können zusätzliche Erleichterung bringen. Vor allem ältere Patienten einer Beschwerdedauer von mehr als sechs Monaten, einem positiven Phalen-Test, einer gestörten 2-Punkte-Diskrimination sowie einer abnormen Nervenleitung profitieren kaum von einer konservativen Behandlung. In verzweifelten Fällen wird selten einmalig Kortison etwas oberhalb des Karpalkanals gespritzt, dies bringt allerdings meist nur kurzfristige (Wochen bis Monate) Erleichterung. Diuretika und Vitamin B haben in Studien keine Erfolg gezeigt. (Am Fam Physician 2003:68:265-72,279-80.American Academy of Family Physicians.)
Bei schlimmeren Beschwerden und deutlicherer Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit oder wenn gar schon bleibende Folgen erkennbar werden, wird immer operiert. Der Eingriff wurde erstmals 1933 durchgeführt und ist inzwischen eine Routineoperation. Dabei wird das Retinaculum flexorum gespalten, so dass der Nerv wieder Platz hat. Der Operateur sieht dabei meist eine deutliche Einschnürung des Nerven. Der Eingriff ist offen oder als endoskopische Operation möglich und wird ambulant mit lokaler Betäubung durchgeführt. Die endoskopische Technik führt zu rascher Gebrauchsfähigkeit der Hand geringeren Narbenbeschwerden. Die Spaltungen des Retinaculums sind aber manchmal unvollständig, durch den Druck während des Eingriffs sind in seltenen Fällen Verletzungen von Sehnen, Nerven und Gefäßen möglich. Die halboffene Retinaculumspaltung über einen ca. 2 cm
langen Hautschnitt in der Hohlhand ist eine gute Alternative, auch hier kommt es zu rascher Gebrauchsfähigkeit der Hand, geringeren Narbenbeschwerden, in diesem Fall werden aber die Sehnen, Nerven und Gefäßen seltener verletzt, da der Chirurg diese direkt sehen kann. Die Erfolgsrate ist sehr hoch, Komplikationen sind bei erfahrenen Operateuren sehr selten, nur äußerst selten kommen die Beschwerden wieder. Die Beschwerden sind nach der Operation in der Regel sofort verschwunden. nach 5-14 Tagen ist in der Regel alles verheilt. Bei etwa 0,5% aller Eingriffe bleiben die Beschwerden, weil die Durchtrennung des Retinakulums unvollständig war. Komplikationen können sowohl bei offener Spaltung als auch endoskopisch auftreten. Am häufigsten sind es Schädigungen von Endästen im Hohlhandbogen oder Anastomosen zwischen den Nn. medianus und ulnaris. Auch der N. medianus selbst kann selten durch Druck oder Unterbrechung der Blutzufuhr teilweise geschädigt werden, es kommt dann zu länger anhaltenden Funktionsstörungen und Missempfindungen, die sich in der Regel von alleine zurückbilden. Andere Komplikationen sind Blutungen, lokale Infektionen und Sehnenverletzungen. Auch wenn die Beschwerden verschwunden sind, normalisieren sich die Messwerte nicht immer. Besonders bei Messwerten der distalen motorischen Latenz über 6 ms kommt es postoperativ i. allg. nicht mehr zu einer Normalisierung, da sich die schnellleitenden Fasern nur ungenügend erholen. Der dann weiter erhöhte Messwert ist nur im Vergleich zum Wert vor der Operation beurteilbar. Auch wenn beide Hände betroffen sind, kann die Operation einer Seite ausreichen, da sich die andere Hand dann oft spontan erholt.
Renato Fricker, Das Karpaltunnelsyndrom – häufige Nachtruhestörung und wie ein kleiner Schnitt Abhilfe schafft, Schweiz Med Forum 2004;4:1211-1217 PDF
Nachbehandlung
Schmerzen bilden sich nach Ruhigstellung des Handgelenkes nicht signifikant schneller zurück als nach einer Mobilisation der Hand. Studien zeigen, dass die Rückkehr zu den Aktivitäten des täglichen Lebens und die Erholung der Handkraft (Schlüsselgriff, Faust) nach Ruhigstellung signifikant langsamer vor sich geht als bei mobilisierten Handgelenken. Durch ein mehrwöchiges physio- und ergotherapeutisches Programm kam es im Gegensatz zu einem Heimübungsprogramm zu einer signifikant beschleunigten Erholung der Geschicklichkeit der Hand im ersten postoperativen Monat. Die physio- und ergotherapeutisch behandelten Patienten nahmen nach einem kürzeren Zeitraum die berufliche Tätigkeit wieder auf. Nach einer Karpaltunnelsyndromoperation haben weder die Schienenversorgung noch die postoperative ergo- und physiotherapeutische Behandlung der Hand einen signifikanten Einfluss auf das Symptom Schmerz. Die postoperative Ergo- und Physiotherapie beschleunigt jedoch die Erholung der Feinmotorik, der Handfunktion und die Rückkehr in den Arbeitsprozess. Kontrollierte klinische Studien über die Effektivität postoperativer Rehabiliationskonzepte beim Karpaltunnelsyndrom sind bisher nur begrenzt vorhanden. (Übersicht : Wiener Medizinische Wochenschrift 152, 17-18, 479 – September 2002
- ruhigstellender Stützverband des Handgelenkes für 5 bis 10 Tage
- bei Bedarf antiphlogistische Maßnahmen (auch NSAR) und Physiotherapie
- Überwachung des Patienten bis zur Arbeitsfähigkeit durch den handchirurgisch erfahrenen Arzt
- Kontrolle klinisch und elektrophysiologisch nach 3 bis 6 Monaten