Erstbeschreibung durch Landau u. Kleffner 1957 als Syndrom der erworbenen Aphasie mit Anfällen im Kindesalter. Das Landau-Kleffner–Syndrom (LKS) ist eine seltene cerebrale Funktionsstörung der Kindheit mit folgenden Characteristika: Erworbene Aphasie und auditorische Agnosie nach bislang unauffälliger Entwicklung, paroxysmale bitemporal betonte EEG-Veränderungen (spikes, sharp waves und spike wave Komplexe), epileptische Anfälle, die i.d. Regel mit den üblichen Antikonvulsiva gut behandelbar sind, Verhaltensauffälligkeiten, selbst limitierender Verlauf und fehlende pathologische Hirnveränderungen. Ausschlußdiagnose, differentialdignostische Abgrenzung gegenüber anderen Ursachen einer erworbenen Aphasie im Kindesalter und autistisch-mutistischen Sörungen. Bislang etwa 200 Fälle in der Weltliteratur publiziert. Jungen (63%) häufiger als Mädchen (37%) betroffen. Beginn in der Regel im 3.-5. Lebensjahr mit sensorischer und motorischer Aphasie und auditorischer Agnosie (Unfähigkeit akustische angebotene Sprachsignale zu erkennen und decodieren) . Die Folge ist ein rezeptiver und expressiver Sprachzerfall unter dem Bild einer globalen Aphasie. Die Variabilität der Funktions-störungen und der Verläufe ist erheblich. Es entwickelt sich ein pathologisches Sprach- und Sozialverhalten (Kontaktstörungen, motorische Hyperaktivität (hyperkinetisches Syndrom), Aufmerksamkeitsdefizite, Affektstörungen), nur in sehr seltenen Fällen cognitive Einbußen oder dementielle Entwicklung. Über visuelle Reizangebote sind die Kinder in der Lage Lesen und Schreiben zu lernen. Im EEG werden paroxysmale epilepsiespezifische Potentiale von hoher Variabilität, zumeist temporal und linkshemisphärisch registriert. Die EEG-Diagnose wird durch ausgeprägte Veränderungen im Schlaf-EEG komplettiert, wo häufig generalisierte Slow-spike-wave-Komplexe, die dem ESES-Syndrom (Electrical Status epilepticus during Sleep) entsprechen, registriert werden. Nicht alle Kinder entwickeln Anfälle, etwa 20-30 % bleiben anfallsfrei oder es bleibt bei einem oder einzelnen epileptischen Anfällen. Zwischen dem 4. und 10.Lebensjahr kann die Anfallsfrequenz deutlich zunehmen, der Verlauf ist bis auf wenige Ausnahmen benigne. Nach dem 10.Lebensjahr finden sich nur noch bei ca. 1/5 der Patienten Anfälle, die regelmäßig in der Adolescens sistieren, das EEG normalisiert sich. Nach dem 15. Lebensjahr sind Anfälle aufgrund des LKS unwahrscheinlich, Spitzenpotentiale bei Verlaufsstudien nicht gefunden worden. Therapie: Multidisziplinäre Behandlung (neuropädiatrische, kinderpsychiatrische, klinisch-psychologische und logopädisch-heilpädagogische Aspekte). Medikamentös: Valproat, Clobazam, ACTH oder Prednison (Neubeginn), Sultiam (?).
Prognose: Aphasisch-agnostische Störungen: ca 30 % mit anhaltend schweren Sprachstörungen, ca 37% mit leichten -mäßigen sprachlichen Dysfunktionen, insgesamt breites Spektrum der Verläufe, bei geringen Fallzahlen keine ausreichenden Statistiken möglich, noch nach vielen Jahren komplette oder partielle Rückbildungen möglich. Insgesamt wird aber davon ausgegangen, dass auch bei konsequenter medikamentöser Therapie ist die Prognose für den Rückerwerb der Sprache schlecht ist. Die erfolgreiche operative Therapie des Landau-Kleffner-Syndroms mit der multiplen subpialen Transektion scheint die Sprachentwicklung zu begünstigen. Über die psycho-soziale Prognose ist wenig bekannt.
Quellen / Literatur:
Elliger TJ, Trott G-E, Hoffmeyer O, Nissen G Das Landau-Kleffner-Syndrom. Fortschr. Neurol. Psychiat. 1990 (58): 125-136 Smith MC Landau-Kleffner Syndrome and Continuous Spikes and Waves During Slow Sleep. Chapter 226. In: Engel J, Pedley TA (eds) Epilepsy: A Comprehensive Textbook (1997). Lippincott-Raven Publishers, Philadelphia. Siehe auch Hypothalamic Hamartomas Commentary by William J. Marks, Jr., M.D.