Periarthropathia humeroscapularis (PHS)

Periarthropathia humero-scapularis (PHS) oder subacromialen Stenose, werden eine Vielzahl von Krankheitsbildern subsummiert, schmerzhafte Schultersteife, schmerzhafte Funktionsstörung des subacromialen Nebengelenks, Verschleißerscheinungen der Rotatorenmanschette und langen Bizepssehne, lokalisierter, bewegungsabhängiger Schulterschmerz, schmerzhafte Bewegungseinschränkung („painful arc“) bei Abduktion zwischen 60 und 120°, Schmerzzunahme bei gleichzeitiger Innenrotation, diffuser Armschmerz, keine Parästhesien, nächtlicher Schmerz nur bei Liegen auf erkrankter Seite, (im Gegensatz zum Karpaltunnelsyndrom). – Schultersteife („frozen shoulder“) in fortgeschrittenem Stadium wolkige Verkalkungen um die Bursa subacromialis, am Sehnenansatz des M. supraspinatus; Kalkdepots oberhalb des Tuberculum majus humeri, manchmal in die Bursa eingebrochen , Der Nordamerikaner NEER zeigte 1972, dass eine Hauptursache für die Verschleißerscheinungen im Bereich der Sehnen der Rotatorenmanschette die Kompression der Rotatorensehnen im Bereich des Schulterdaches ist. Zudem gibt es jedoch noch andere Faktoren wie Alter, Beanspruchung und schlechte Durchblutung einzelner Sehnenabschnitte (insbes. Sehne des M. supraspinatus). Auch die enge räumliche Beziehung zwischen Schultereckgelenk und Supraspinatussehne kann bei degenerativen Veränderungen dieses Gelenkes Ursache für Beschwerden sein. Ausgangspunkt all dieser Überlegungen ist die topographische Lage der Rotatorenmanschette innerhalb des Schultergürtels. Sie gleicht einem Engpaß und legt die Vermutung nahe, dass schon kleine Veränderungen dieses Gefüges zu Irritationen der Sehnen führen könnten. Insbesondere beim Anheben des Armes taucht die Supraspinatussehne unter das Schulterdach ein und es kommt zur Kompression der Sehnen. Dies führt häufig zu Beschwerden der Innenrotationsbewegung oder bei Überkopfarbeiten der Patienten. Die Häufigkeit und der Verlauf von Schulterschmerzen ist auch von den Arbeitsbedingungen abhängig. Die Benutzung vibrierender Arbeitsgeräte, Überkopfarbeiten, ständig wiederholende gleichförmige Armbewegungen und andauernd ungünstige Körperhaltung bei der Arbeit können den Schulterschmerz fördern. Auch psychologische Faktoren nehmen Einfluss: depressive Symptome und geringer Einfluss auf den Arbeitsablauf vergrößern das Risiko für Schulterprobleme, auch übergewichte und schlecht trainierte Menschen haben etwas häufiger Schulterschmerzen. Auch Stoffwechselstörungen wie ein Diabetes machen Schulterschmerzen wahrscheinlicher. Schulterschmerzen sind allgemein häufig. Bei einer Befragung in Holland gaben 21% an zum Zeitpunkt der Befragung unter Schulterschmerzen zu leiden, in einer britischen Umfrage waren es 14%. Die Prävalenz innerhalb eines Jahres wird in verschiedenen Studien in unterschiedlichen Ländern auf 20-50% geschätzt, etwa 1% aller Briten suchen jedes Jahr ihren Hausarzt wegen Schulterschmerzen auf. Nur knapp die Hälfte der unter Schulterschmerzen leidenden Menschen geht deshalb zum Arzt. 40-50% der Patienten berichten keine Besserung nach ärztlicher Behandlung. Nach Erhebung schwedischer Versicherungen gehen 18% der Krankengeld und Rentenzahlungen für Beschwerden des Bewegungsapparates auf Schulterschmerzen zurück. Wie bei anderen Gelenkbeschwerden, Wirbelsäulenbeschwerden oder allgemein Schmerzsyndromen ist auch bei Patienten, die wegen Schulterschmerzen den Arzt aufsuchen die Häufigkeit seelischer Störungen mit mindestens einem Drittel hoch, es sind dabei mit erhöhtem Frauenanteil besonders die Patienten die über starke Schmerzen klagen. Rotatorenmanschettenrisse treten bei jungen Menschen oft traumatisch auf, im Alter ab 50 sind sie eher eine Folge degenerativer Prozesse. Nicht spezifische Schulterschmerzen sind etwa 6x häufiger als Verschleißerscheinungen der Rotatorenmanschette und andere definierte Ursachen des Schulterschmerzes. American Journal of Epidemiology 2005 161(9):847-855. Zur Aussagekraft von kernspintomographischen Befunden: Die Gesamtprävalenz von Rupturen der Rotatorenmanschetten in Kernspintomographien bei Menschen ohne Beschwerden in den Schultergelenken wird in einer Studie in allen Altersgruppen mit 34% angegeben, 15% vollständige Rupturen und 19% partielle Rupturen. Die Anzahl der vollständigen Rupturen nimmt dabei mit dem Alter zu. Im Alter von über 60 Jahren fand sich bei 54 % der untersuchten von der Schulter her beschwerdefreien Menschen eine Ruptur der Rotatorenmanschette, bei 29% eine vollständige Ruptur der Rotatorenmanschette. Bei den 40- 60 jährigen hatten 4% eine vollständige Ruptur der Rotatorenmanschette, 24 eine partielle Ruptur, bei den 19-39 jährigen hatten 4% eine partielle Ruptur der Rotatorenmanschette. J Bone Joint Surg Am. 1995;77:10-15. Auch die Interpretation Kernspintomgraphischer Aufnahmen nach operativer Reparatur von Sehnen der Rotatorenmanschetten ist schwierig. In einer Untersuchung von 15 beschwerdefreien Patienten zeigten 3 (10%) von 30 Supraspinatus und Infraspinatus Sehnen eine normale Signalintensität und 16 (53%) hatten eine leicht erhöhte Signalintensität in den T2-gewichteten Bildern, die für eine Sehenentzündung sprach (Tendonitis oder Tendinose). 3 teilweise und 4 komplette Risse der Supraspinatussehne und 2 teilweise sowie 2 komplette Risse der Infraspinatussehne wurden gesehen. Andere Ergebnisse schlossen subacromial-subdeltoide Ergüsse (10 von 15 asymptomatischen Patienten), Gelenkergüsse bei 5 Patienten und ein Knochenmarködem bei 6 Patienten ein. Radiology,1999; 213(3): 705 – 708. Eine andere Studie befragte 1079 Patienten anlässlich einer Kernspintomographie des Schultergelenks nach dem Ausmaß der Schmerzen, dem Ausmaß der Behinderung durch die Schulterschmerzen. Es ließ sich keine Korrelation zwischen dem kernspintomographischen Befund und dem Ausmaß der Schmerzen, dem Ausmaß der Behinderung durch die Schulterschmerzen feststellen. Weder die Vollständigkeit der Rupturen, noch die Bursitis oder die Beteiligung der Bicepssehen war korreliert mit den Schmerzen oder der Behinderung. AJR 2006; 186:1234-1239 Die Interpretation von Kernspinbildern ist damit für Orthopäden auch an der Schulter nicht einfacher als für Neurologen am Hirn, Krankheitsgeschichte und klinische Untersuchung sind oft entscheidender als moderne Bildgebende Verfahren- so schön die Bilder auch immer aussehen. Das Zusammenwirken verschiedener Ursachen und Pathologien scheint nach der Literatur bei Schulterschmerzen häufig zu sein. Die genaue Diagnose zu Beginn einer Behandlung ändert meist wenig an der Behandlung. Diffenzialdiagnostisch zur berücksichtigende andere Leiden sollten aber ausgeschlossen sein: Der Schulterschmerz kann auch ein übertragener Schmerz vom Nacken, einer Angina pectoris oder einem Herzinfarkt, Zwerchfellläsionen sein oder ein Schmerz aus schweren anderen Krankheiten wie einer Polymyalgia rheumatica (besonders bei älteren Menschen), Krebserkrankungen wie Lungenkrebs oder Metastasen sein. Auch neuralgische Schulteramyotrophien oder andere neurologische Leiden können übersehen werden. Die Behandlung sollte neben entzündungshemmenden Schmerzmitteln, eine Anleitung zur Selbstbehandlung ( lokale Kälteanwendungen, schmerzfreie passive Bewegungsübungen), auch Physiotherapie (bei schwacher Evidenz) einschließen. Auch Kalkdepots sollen sich häufig spontan und oft gerade nach einer akuten schmerzhaften Phase von alleine auflösen. Nach der Studienlage haben Steroidinjektionen nur eine geringe zeitlich begrenzte Wirkung. BMJ 2005;331(7525):1124 Steroide beeinträchtigen die Sehnenheilung nachweislich. Schweiz Med Forum 2007;7:81–86 Mit zunehmendem Alter und beim weiblichen Geschlecht ist die Prognose schlechter, auch bei schwereren Symptomen und damit verbundenem Nackenschmerz ist die Prognose schlechter. Bei akuten Schmerzen, nach leichten Traumen und Überbeanspruchung ist die Prognose besser. Es gibt keinen Hinweis, dass eine frühzeitige operative Behandlung die Prognose bessert, die Operation ist erst indiziert, wenn konservative Behandlungen keinen Erfolg haben. Frühzeitige Operationen gelten aber als sinnvoll bei Dislokation, Gelenkinfektion, und akuter traumatischer Rotatorenmanschettenruptur. Meist wird arthroskopisch operativ eine Dekompression des subacromialen Raumes (z.B. Resektion des Ligamentum coracoacromiale); Bizepssehnennaht bei jungen Patienten; Rotatorenmanschettennaht durchgeführt .

Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang regionale Unterschiede in der Häufigkeit von Knie und Schulteroperationen z.B. in der Schweiz. Für Kniearthroskopie besteht eine 9-fache und für Schulterarthroskopie eine knapp 37-fache regionale Variation. Schweiz Med Forum 2009;9(24):438

 

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Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

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