Schulmedizin

Medizin die sich auf wissenschaftlich überprüfte Fakten stützt. Eigentlich ein unsinniger Begriff, der leider auch von Hochschulmedizinern gerne in den Mund genommen wird: In Wahrheit geht es um die wissenschaftliche Medizin, die sich selber ständig neu in Frage stellen muss, eine Eigenschaft, die sich beim Begriff „Schule“ nicht unbedingt aufdrängt. Die „Schulmedizin“ setzt voraus, dass für die Therapieempfehlungen bei einem beliebigen Krankheitsbild derartige Therapieformen zur Anwendung empfohlen werden, die, unabhängig von Therapeuten, Ort und Zeitpunkt, ihre Wirksamkeit in entsprechend „kontrollierter Untersuchung“ erwiesen haben: Die Wahrscheinlichkeit des Nutzens muss also ebenso feststehen, wie das kalkulierbare Therapierisiko, wobei die Relation zwischen Nutzen und Risiko bei unterschiedlichen klinischen Indikationen verschieden bewertet werden können. Als „Außenseitermethoden“ werden solche „Therapie-Angebote“ bezeichnet, die sich einer derartigen qualifizierten Überprüfung auf Nutzen und Risiko, insbesondere zu anderen Therapieformen der gleichen klinischen Indikation oder zu Schein-Therapien (Placebo) nicht unterwerfen. Von Befürwortern dieser Therapie-Angebote wird reklamiert, dass „langjährige eigene Erfahrung“ oder der Einbezug in die „traditionelle Naturheilkunde“ oder in andere traditionelle Therapieverfahren den Einsatz dieser Therapieangebote rechtfertigt. Tatsächlich garantiert das nach dem zweiten Weltkrieg entstandene und im Grundgesetz verankerte Arzneimittelrecht der Bundesrepublik (im Unterschied zu den entsprechenden Regelungen der meisten vergleichbaren Länder!), dass für grundsätzlich geschützte Philosophie-Formen auch die entsprechenden Therapie-Formen verfügbar sind. Hierzu gehören z.B. auch die Anthroposophie, die Behandlung mit Phytotherapie und die Homöopathie. Das Gesetz macht allerdings einen kleinen (aber wesentlichen) Unterschied zur Schulmedizin: In diesen bekannten Therapieformen bedarf es laut Arzneimittelgesetz zur Zulassung auf dem Markt einer Abklärung der Sicherheit, nicht jedoch der therapeutischen Wirkung („diese wird unterstellt“). Somit liegt die Grenze zwischen Schulmedizin und Außenseitermethoden letztlich und ausschließlich in dem Anspruch der Schulmedizin, dass deren Therapieangebot bezüglich Sicherheit und Wirksamkeit (stets reproduzierbar) belegt sein müssen.

  • langjährige eigene Erfahrung kann irren? Die Medizin ist voll von solchen Irrtümern. Es ist davon auszugehen, dass auch in der „schulmedizinischen“ Behandlung viele Methoden nicht ausreichend überprüft sind, und sich bei Überprüfung als falsch herausstellen. Die „Schulmedizin“ stellt sich aber permanent der Herausforderung dies zu überprüfen. Ein Prozess, der nie zu Ende sein wird.
  • Was weiß man in der Medizin sicher? die Antwort kann nur lauten: nichts. Was heute als optimaler Behandlungsstandard gilt kann sich in der Zukunft als schädlich erweisen. Allerdings ist gerade die ständige Überprüfung dieser Behandlungsstandards die einzige Voraussetzung die optimale Behandlung. Behandlungen die seit „Jahrhunderten“ eine Tradition haben, sind deshalb nicht unbedingt richtig. Ein typisches Beispiel ist die Bettruhe bei vielen Erkrankungen, sie hat obwohl scheinbar harmlos nicht nur ganz viele Krankheiten unnötig chronifiziert sondern auch sehr viele Todesopfer gefordert. Nicht alles was auf den ersten Blick logisch und sinnvoll erscheint erweist sich in der überprüften Praxis als bestandfähig. Entscheidend bleibt ob es einer unvoreingenommenen Überprüfung standhält. Ein Verfahren, das sich dieser Überprüfung nicht ständig stellt oder Ausreden gegen die Überprüfung sucht ist verdächtig auf Geschäftemacherei oder eine Ideologie.
  • Warum kann man oft nicht sicher wissen was eine Krankheit auslöst und wie die optimale Behandlung ist? bei vielen Symptomen und Krankheiten gibt es schlüssige Erklärungen wie sie entstehen. Dabei kann man aber nie ausschließen, dass auch die gesamte medizinische Wissenschaft bisher wesentliche bisher nicht beachtete wesentliche Ursachen übersehen hat. Eine Behandlung, die einen bisher für wichtig erachteten Laborwert verbessert, verbessert nicht immer die Lebensqualität und die Verlaufsprognose des Patienten.
  • Warum dann nicht doch lieber dem „Alternativmediziner“, Heilpraktiker oder oder Schamanen glauben? Das Risiko ist groß, dass dort die Methoden angewendet werden, die überhaupt nicht überprüft sind, oder von denen schon erwiesen ist, dass sie unwirksam sind oder schaden.
  • warum dann bei der Behandlung Nebenwirkungen in Kauf nehmen? Die Abwägung, was mehr nützt als es schadet ist oft in der Medizin schwierig zu beurteilen. Erfolgreiche Behandlungen ohne Risiko Nebenwirkungen sind sehr selten. In aller Regel wägen die Behandler die zu erwartenden Nebenwirkungen, gegen den Erfolg der Behandlung ab. Diese Abwägung sollte man sich aber als Patient erklären lassen, damit man selbst eine Entscheidung treffen kann. Wer eine Behandlung ohne mögliche Nebenwirkungen verspricht, lügt in aller Regel. Dies gilt auch für die scheinbar harmlosesten Methoden.

 

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur