der medizinische Begriff meint das was Laien unter „Blutvergiftung“ verstehen. Die Inzidenz einer schweren Sepsis und des septischen Schocks wird mit 1,1/1000 Einwohner im Jahr oder 76000 Patienten in Deutschland angegeben. Häufige Symptome sind Schüttelfrost, Fieber oder Untertemperatur, schnelles Atmen mit erniedrigtem Kohlendioxidpartialdruck, Verminderung der Urinausscheidung mit drohendem Nierenversagen, schneller Puls, niedriger Blutdruck . Im Labor erhöhtes Prokalzitonin (PCT), Laktatanstieg, erhöhte oder erniedrigte weiße Blutkörperchen, Linksverschiebung im Differenzialblutbild bzw. Neutropenie, verminderte Thrombozyten, Interleukin 6. Blutkulturen sollten versucht werden, der Nachweis gelingt nur in 10-maximal 30%, manchmal ist er auch falsch positiv, indem durch Abnahme aus einem zentralen Venenkatheter oder nach unzureichender Desinfektion ein nicht verantwortlicher Erreger durch Kontamination nachgewiesen wird. Ergänzend wird deshalb meist ein Erregernachweis mittels der Polymerasekettenreaktion (PCR) versucht. Wenn ein Erreger nachgewiesen wird, erleichtert das Antibiogramm die Diagnose erheblich. Häufig ist eine Infektionsherd wie eine Wunde oder ein ärztlicher Eingriff bekannt.
Die medizinische Definition der Sepsis ist nicht einheitlich. Letztlich handelt es sich um eine schweren Komplikation einer Infektion. Definitionsgemäß handelt es sich um eine Systemische Antwort auf eine Entzündung (Systemic inflammatory response syndrome (SIRS)), die Idee dahinter ist, dass der Organismus sich selbst durch die eigene unkontrollierte Überreaktion des Immmunsystems auf den Schaden durch den Infekt schädigt. SIRS ist definiert: dass 2 oder mehr der folgenden Kriterien vorliegen: Temperatur > 38°oder< 36°C, Puls > 90/min außer der Patient nimmt Medikamente die den Herzschlag verlangsamen (Betablocker oder Kalziumkanalblocker) oder er hat eine Herzschrittmacher, Atemfrequenz > 20 /min (oder PaCO2 < 32 Torr) oder mechanisch beatmet, Leukozyten > 12 000/μL oder < 4 000/μL, oder > 10% unreife Formen, Siehe DOI 10.1378/chest.101.6.1644 Chest 1992;101;1644-1655
Das SIRS kann durch verschiedene Ursachen entstehen, Infektionen, Trauma, Gewebeschaden bei Durchblutungsstörungen, oder eine sterile Entzündung. Immer wenn SIRS im Zusammenhang mit einem Infekt auftritt, besteht der Verdacht auf eine Sepsis. Da Sepsis ein medizinischer Notfall ist und sofortige Behandlung erfordert, ist im Verdachtsfall eine Ein- Überweisung zur Spezialabteilung sinnvoll . Sepsis setzt dann die Annahme einer Infektion mit SIRS voraus, schwere Sepsis die Anwesenheit einer Sepsis, plus Organminderdurchblutung oder Organdysfunktion, Beispielsweise bei Organminderdurchblutung: erhöhter Blutlaktatspiegel, Oligurie, abnorme periphere Zirkulation, wie schlechte Füllung der Kapillaren, akute Veränderung des Bewusstseins, Dysfunktion von einem oder mehr Organen, Tthrombozytopenie mit disseminierter intravaskulärer Koagulation, akutes Atemnotsyndrom, akutes Nierenversagen, Leberfunktionsstörung wie Hyperbilirubinämie, Delirium.
Septischer Schock: Vorhandene Sepsis, therapierefraktäre Hypotension: systolischer Blutdruck < 90 mm Hg, durchschnittlicher Druck < 65 mm Hg, oder ein Abfall des systolischen Blutdrucks um 40 mm Hg, kein Ansprechen auf Flüssigkeitszufuhr von 20–40 mL/kg, Vasopressorenabhängigkeit nach adäquater Volumenzufuhr. Wenn ein Patient also primär einen erhöhten Blutdruck hat, kann die Diagnose einer Sepsis erschwert sein. Es handelt sich dabei um eine systemische Reaktion des Körpers auf eine unter den Bedingungen einer Intensivstation nicht immer nachweisbaren Infektion. Sepsis ist eine komplexe Interaktion pro- und antiinflammatorischer Prozesse, die oft simultan ablaufen und sich sowohl synergistisch als auch antagonistisch verhalten können. Eine schwere Sepsis oder ein schwerer septischer Schock sind immer lebensbedrohlich, Sepsis ist eine der Haupttodesursachen auf Intensivstationen. Jeden Tag sterben in Deutschland 162 Menschen an einer Sepsis.
Eine schwere Sepsis ist der Grund für 2-11% aller Krankenhausaufnahmen, die Häufigkeit scheint zugenommen zu haben, im Gegensatz zu früheren Jahren sind immer häufiger neben Gram negativen auch Gram positive Erreger und Pilze ursächlich. Die Mortalität ist weiter hoch (21% bis 72%). Ein toxischer Stimulus (z.B. bakterielles Endotoxin) induziert bei Makrophagen die Ausschüttung verschiedener Mediatoren, unter anderem der Zytokine Interleukin 1 (IL-1) und Tumornekrosefaktor alpha (TNF-a). Diese schädigen unter anderem das Gefäßendothel und bewirken eine Flüssigkeitsverschiebung ins Interstitium (Bindegewebe). Endotoxine sind eine häufige Ursache für das Versagen des Immunsystems und lassen sich in 80% der Sepsisfälle nachweisen.
Die Antibiotikabehandlung beginnt meist sofort nach Abnahme der Blutkultur und richtet sich zunächst nach dem vermuteten Erreger und lokaler Resistenzsituation und wird intensiv aber so kurz wie möglich durchgeführt. Gramnegative Bakterien sind die häufigsten Auslöser, grampositive Erreger und primär resistente Keime sollen aber zunehmen. Neben der Antibiotikabehandlung ist die Beseitigung der Ursache durch Entfernung von Kathetern, chirurgische Herdsanierung mit ggf. Entfernung von Gefäßprothesen, Osteosynthesematerial, Gelenkersatz etc oft erforderlich. Abszessen müssen drainiert werden, ursächliche Wunden manchmal wieder geöffnet und draniniert werden. Volumensubstitution wird nach neueren Studien mit modifizierter Ringerlaktatlösung ohne Hydroxyäthylstärke (HES) durchgeführt. Wenn vasopressorische Substanzen erforderlich sind, wird in der Regel Noradrenalin verabreicht, bei Nierenversagen wird eine Dialyse erforderlich. Hydrokortison, Antithrombin und die intensivierte Insulintherapie werden nicht mehr in der Routinetherapie von Patienten mit septischem Schock verwendet.
Quellen / Literatur:
Genaueres siehe unter Surviving Sepsis Campaign: International guidelines for management of severe sepsis and septic shock: 2008 (deutsch) SEPSIS – septischer Schock – S I R S Pierre-Yves Bochud and Thierry Calandra, Science, medicine, and the future: Pathogenesis of sepsis: new concepts and implications for future treatment BMJ 2003; 326: 262-266.FullK text] [PDF]. Sepsis und septischer Schock gehen bis heute mit sehr hoher Sterblichkeit zwischen 21% und 72% einher. Nach einer Metaanalyse der Cochrane Collaboration, in der die Wirksamkeit monoklonaler und polyklonaler intravenöser Immunglobuline (IVIG) anhand von 23 Studien mit insgesamt 6.991 Teilnehmern untersucht wird, soll die adjuvante Behandlung mit polyklonalen IVIG die Gesamtmortalität senken. arznei – telegramm 2001; Jg. 32, Nr. 1 Kompetenznetz-Sepsis