Trauer

Der Verlust einer nahen Bezugsperson erzeugt normalerweise für einen umschriebenen und individuell unterschiedlichen Zeitraum ein intensives Gefühl emotionalen Unbehagens, sich aufdrängender Gedanken und Grübeleien, und einen Rückzug aus dem gewohnten Leben. Jeder Mensch trauert anders und für unterschiedliche Zeiten. Viele Menschen empfinden diese Emotionen als fremd und unkontrollierbar, sie haben oft Schwierigkeiten mit anderen Menschen in Kontakt zu treten und sind oft zeitweise nicht mehr an den gewohnten Aktivitäten interessiert. Manche machen sich Gedanken, ob ihre Reaktion normal ist.

Ob eine Trauerreaktion sich noch in normalen Grenzen bewegt oder in eine behandlungsbedürftige psychische Störung übergeht ist oft schwer zu entscheiden. Wenn Trauer zur Krankheit wird, sprechen Psychiater meist von einer abnormen Trauerreaktion (engl. complicated grief). Solche abnormen Trauerreaktionen treten bei etwa 10% der Trauernden auf. Meist beinhalten sie eine sehr intensive und belastende Sehnsucht nach der betrauerten Person, eine ständige Beschäftigung mit Gedanken und Erinnerungen an die verstorbene Person, das Vermeiden von Hinweisen und Erinnerungen, dass die Person nicht mehr da ist, manchmal das Gefühl der Verstorbene lebe noch, tiefe Depression, innere Abstumpfung, emotionaler Rückzug von anderen, Selbstvorwürfe, Bereuen von Aktivitäten, die den Verstorbenen verletzt haben, Verbitterung oder Ärger in Verbindung mit dem Tod, eine Unfähigkeit Freude zu empfinden, oder eine Unfähigkeit sich mit Anderen auf positive Freude stiftende Aktivitäten einzulassen. Funktionelle Kernspintomographien zeigen eine vermehrte Aktivität das Hirnbelohnungszentrums bei den Trauernden, im Kontrast zu depressiven Patienten. Trauer und Depression unterscheiden sich also auch in den sichtbaren zu machenden Bildern der Hirnaktivität, nicht nur in der Symptomatik. Nicht selten treten andere psychiatrische Komplikationen wie Alkohol oder Suchtmittelmissbrauch, Depression, Suizidalität, PTBS, etc. auf. Diese den Verlauf komplizierenden Störungen bedürfen der zeitigen Behandlung. Behandlungsziel ist wieder Befriedigung am eigenen Leben zu entwickeln, die Fähigkeit Freude zu empfinden wieder zuzulassen und zu entwickeln.

 

Quellen / Literatur:

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Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur