Trennungsangst

Unter diesem Begriff sind die psychoanalytischen Formen der Angst vor Objektverlusten und der Angst vor Verlust der Liebe des geliebten Objektes subsumiert. Auch Äußerungen über Einsamkeit oder Alleinsein. Das DSM IV definiert “ Eine entwicklungsmäßig unangemessene und übermäßige Angst vor der Trennung von zu Hause oder von Bezugspersonen, wobei mindestens drei der folgenden Kriterien erfüllt sein müssen: (1) wiederholter übermäßiger Kummer bei einer möglichen oder tatsächlichen Trennung von zu Hause oder von wichtigen Bezugspersonen. (2) andauernde und übermäßige Besorgnis, dass sie wichtige Bezugspersonen verlieren könnten oder dass diesen etwas zustoßen könnte. (3) andauernde und übermäßige Besorgnis, dass ein Unglück sie von einer wichtigen Person trennen könnte (z.B. verloren zu gehen oder entführt zu werden), (4) andauernder Widerwillen oder Weigerung, aus Angst vor der Trennung zur Schule oder an einen anderen Ort zu gehen, (5) ständige oder übermäßige Furcht oder Abneigung, allein oder ohne wichtige Bezugspersonen zu Hause oder ohne wichtige Erwachsene in einem anderen Umfeld zu bleiben, (6) andauernder Widerwillen oder Weigerung, ohne die Nähe einer wichtigen Bezugspersonen schlafen zu gehen oder auswärts zu übernachten (7) wiederholt auftretende Alpträume von Trennungen (8) wiederholte Klagen über körperliche Beschwerden (wie z.B. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen), wenn die Trennung von einer wichtigen Bezugsperson bevorsteht oder stattfindet. Die Dauer der Störung beträgt mindestens vier Wochen. Der Störungsbeginn liegt vor dem 18. Lebensjahr. Die Störung verursacht in klinisch bedeutsamer Weise Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen. Die Störung tritt nicht ausschließlich im Verlauf einer Tiefgreifenden Entwicklungsstörung, Schizophrenie, oder einer anderen Psychotischen Störung auf und kann bei Jugendlichen und Erwachsenen nicht durch die Panikstörung mit Agoraphobie besser erklärt werden. Die Prävalenz bei Kindern wird mit 3,5 – 4,0 % angegeben, Mädchen, jüngere Geschwister, Einzelkinder, Kinder allein erziehender Eltern sollen ein erhöhtes Risiko haben. Häufig werden körperliche Beschwerden wie Bauch- und Brustschmerzen, Kopfschmerzen, als Symptom angegeben um die eigentliche Trennungsangst, die von Kindern manchmal auch gar nicht verbalisiert wird zu verschleiern. Die Annahme, die auch noch im DSM IV vertreten wird, dass es sich quasi um eine Kinderkrankheit handelt scheint nach neuen Studien unzutreffend. Trennungsangst ist nach einer neuen amerikanischen Studie bei Erwachsenen häufiger als bei Kindern, sie wird dort allerdings seltener diagnostiziert und häufiger verschleiert. Nach dieser Studie (Befragung von 5692 Menschen) litten 4.1% der Kinder und 6.6% der Erwachsenen zeitweise während ihres Lebens unter Trennungsangst (Lebenszeitprävalenz), die Prävalenz pro Jahr betrug für die Erwachsenen 1.9%. Der Beginn im Erwachsenenalter liegt in den jungen Erwachsenenjahren, zu 80% vor dem Alter von 30 Jahren. Unverheiratete, Menschen mit schlechter Schulbildung und Langzeitarbeitslose scheinen häufiger betroffen zu sein. Bei 36.1% der in der Kindheit erkrankten hielt die Trennungsangst ins Erwachsenleben hinein an. Bei 77.5% der Erwachsenen hatten die Symptome im Erwachsenenalter begonnen. Häufig bestehen Komorbiditäten mit anderen psychischen Störungen. Besonders häufig sind begleitende andere Angststörungen, Depressionen, Substanzmissbrauch, und Störungen der Impulskontrolle als Komorbidität bei Erwachsenen. Die Trennungsangst führt bei der Hälfte der Erwachsenen mit komorbiden psychischen Störungen zu einer schweren Rollenbeeinträchtigung, ebenso bei einem Viertel derer, die nur an Trennungsangst leiden. Die Trennungsangst bei den Erwachsenen und Kindern wird nur selten behandelt, wäre aber gut einer Behandlung zugänglich.

 

Quellen / Literatur:

Katherine Shear, Prevalence and Correlates of Estimated DSM-IV Child and Adult Separation Anxiety Disorder in the National Comorbidity Survey Replication Am J Psychiatry 2006; 163:1074–1083 [Abstract] [Full Text] [PDF]

Dr. Johannes Werle

Dr. med Johannes Werle

Redakteur

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