Rasches Anspringen von Affekten, die nicht beherrscht werden können und manchmal eine übermäßige Stärke haben können. Beispielsweise plötzliches Losweinen, ohne dass man wirklich traurig wäre.
Die Betroffenen leiden unter der mangelnden Kontrolle ihrer Gefühlsäußerungen, die oft gar nicht so wie dargeboten empfunden werden. Die indadäquaten Gefühlsäußerungen sind den Patienten peinlich, auch wenn sie bei Themenwechsel oft rasch wieder abklingen.
Ursachen der Affektinkontinenz
Das pathologische Lachen und Weinen als Ausdruck der Affektinkontinenz wird als Enthemmungsphänomen motorischer Synergismen gesehen, damit Folge hirnorganischer Störungen (wie sie z.B. nach einem Schlaganfall auftreten können). Aus Fallberichten mit Stimulation mittels Hirnelektroden wird vermutet, dass eine Schädigung der caudalen Capsula interna für die Affektinkontinenz verantwortlich sein kann.
Affektinkontinenz kommt beispielsweise bei bei Schlaganfällen, Binswanger Demenz, Vaskulärer Demenz, Multipler Sklerose, und bei anderen Hirnschädigungen bzw. organischen Psychosyndromen vor. Meist handelt es sich um Zustandsbilder nach einer Hirnverletzung im Rahmen der o.g. Krankheiten.
Anfallsweises pathologisches Lachen oder Weinen kann aber in seltenen Fällen auch das erste oder einzige Zeichen eines Schlaganfalls oder einer akuten Hirnschädigung sein im Sinne eines so genannten „fou rire prodromique“. Auch und besonders wenn bisher keine neurologische Erkrankung bekannt ist, ist das Auftreten pathologischer Emotionsäußerungen immer ein Grund für eine neurologische Diagnostik.
Pathologisches Weinen und Lachen
Unter pathologischem Weinen versteht man ein Krankheitsbild, bei dem meist wiederholte Anfälle von unfreiwilligem Weinen auftreten, die zur gegenwärtigen Stimmung des Betroffenen inkongruent sind und auch nicht zum situativen emotionalen, kognitiven, und sozialen Kontext passen, und ohne das Empfinden von Traurigkeit auftreten. Im selben Zusammenhang kann auch ein pathologisches Lachen in direkter Verbindung mit dem pathologischen Weinen auftreten.
Dem pathologischen Weinen und dem pathologischen Lachen liegen die selben Mechanismen zugrunde. Sie sind beide oft Bestandteile eines weitergehenden pseudobulbären Syndroms bei dem nicht selten auch Schluckstörungen, Dysarthrie sowie gesteigerte Reflexe der Gesichts-, Gaumen-, und Kiefermuskulatur vorliegen.
Therapie der Affektinkontinenz
Affektinkontinenz spricht in den meisten Fällen auf eine Behandlung mit Antidepressiva an. Eine solche Behandlung ist bei subjektivem Leiden sehr sinnvoll, da durch die Affektinkontinenz die sozialen Kontakte erheblich beeinträchtigt seinen können.
Affektinkontinenz vs. Affektlabilität
Affektinkontinenz wird in der Regel von Affektlabilität unterschieden. Auch hier besteht eine abnorme Variabilität der Affekte mit wiederholten, schnellen und abrupten Wechseln im affektiven Ausdruck .Letztere meint in der Regel aber ein unerwartet rasches Anspringen von Affekten, die tatsächlich in der Situation so empfunden werden.
Von Affektlabilität spricht man beispielsweise, wenn jemand bei traurigen Filmsituationen losweinen muss. Dies kann daran liegen, dass eine traurige Gefühlslage oder Depression oder eine andere affektive Störung, Histrionische Persönlichkeitsstörung oder eine andere extrovertierte Persönlichkeitsstörung vorliegt oder die auslösende Situation an eine noch belastende Lebenssituation erinnert.
Bei manchen Menschen ist eine gewisse Affektlabilität konstitutionell. Das Erleben, der Ausdruck und die Regulation von Emotionen unterliegen kulturellen Normen. Nicht jedes Weinen ohne Traurigkeit entspringt einer Krankheit.
Taktisches Weinen
In jeder Kultur gibt es Menschen (Frauen>Männer, Kinder>Erwachsenen), die willentlich weinen können, ohne dass sie wirklich traurig sind, bzw. in dem sie sich etwas trauriges vorstellen. Man nennt dies manchmal auch taktische Tränen, da dies häufig zur Durchsetzung von Vergünstigungen eingesetzt wird.
Nach Umfragen ist davon auszugehen, dass es sich dabei bei weiblichen Geschlecht um einen 2 stelligen Prozentsatz handelt, bei Männern eher jeder 20. Die Umgebung gibt zwar nicht selten den Tränen nach, bei länger dauernden Beziehungen wird diese Fähigkeit allerdings häufig vom Partner als problematisch erlebt. Der Satz Tränen lügen nicht, stimmt also in vielfacher Hinsicht nicht.
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