Als Bulbärparalyse bezeichnet man eine Schädigung der in der Medulla oblongata gelegenen Kerne der Hirnnerven IX, X, XI und XII, die Funktionseinschränkungen bzw. einen Funktionsausfall der entsprechenden Hirnnerven (N. glossopharyngeus, N. vagus, N. accessorius, N. hypoglossus) zur Folge hat. Zusätzlich sind oft die Hirnnerven V und VII (N. trigeminus und N. facialis) betroffen.
Davon abzugrenzen ist die Pseudobulbärparalyse, bei der nicht die Hirnnervenkerne betroffen sind, sondern der Tractus corticonuclearis (auch: Tractus corticobulbaris), der den motorischen Kortex mit den motorischen Hirnnervenkernen verbindet. Bei der Bulbärparalyse handelt es sich also um eine Schädigung des unteren Motoneurons, bei der Pseudobulbärparalyse um eine Schädigung des oberen Motoneurons.
Symptome
Durch die Hirnnervenschäden kommt es zu Dysphagie (Schluckbeschwerden), Kaubeschwerden, oft mit nasaler Regurgitation, Dysarthrie (Sprechstörungen mit verwaschener Sprache bis hin zum völligen Verlust der Sprechfähigkeit).
Der Würgereflex ist herabgesetzt oder fehlt. Mimik und Zungenbewegungen sind erschwert.
Es kommt zu häufigen Aspirationen, was zu Pneumonien führen kann.
Ursachen
Als Ursachen einer Bulbärparalyse kommen verschiedene Krankheitsbilder in Frage. Hierzu zählen unter anderem:
- Schlaganfälle im Bereich der Medulla oblongata
- Maligne Erkrankungen: z.B. Hirnstamm-Gliome
- Infektionen: Poliomyelitis, Lyme-Borrelliose
- Toxische Schädigungen: Botulismus
- Entzündliche / Autoimmunerkrankungen: Myasthenia Gravis, Guillain-Barré-Syndrom
- Degenerative Erkrankungen: Amyotrophe Lateralsklerose, progressive Bulbärparalyse (siehe unten), Syringobulbie, Spinobulbäre Muskelatrophie Typ Kennedy
- Metabolische Erkrankungen: Akute intermittierende Porphyrie
Progressive Bulbärparalyse
Die progressive Bulbärparalyse ist eine möglicherweise genetisch bedingte, degenerative Form der Bulbärparalyse. Einige Autoren werten sie als Sonderform der amyotrophen Lateralsklerose (ALS), andere als eigenständiges Krankheitsbild. Die Krankheit schreitet meist rasch fort, die Prognose ist schlecht. Eine ursächliche Therapie ist bislang nicht möglich, die Therapie erfolgt rein symptomatisch.