Als Fallhand bezeichnet man eine Handstellung, die bei einer Schädigung des N. radialis im Bereich der Axilla (Achsel), des Oberarms oder proximalen Unterarms beobachtet werden kann.
Symptome
Bei einer voll ausgeprägten Fallhand ist die Extensionsfähigkeit (Streckfähigkeit) des Handgelenkes sowie auch der Finger der betroffenen Hand vollständig aufgehoben. Hand und Finger hängen schlaff nach unten. Bei weiter distalen Nervenverletzungen kann es auch zu einer isolierten Streckunfähigeit der Finger („Fallfinger“) kommen. Bei voll ausgeprägter Fallhand liegt meist zusätzlich ein Supinationsdefizit vor, das heißt die Außwärtsdrehung im Unterarm ist gestört und der Arm befindet sich in Pronationsstellung (Einwärtsdrehung).
Sehr weit proximale Schädigungen des Nerven im Bereich des proximalen Oberarms bzw. der Axilla (Achsel) können zusätzlich mit einem Funktionsausfall oder einer Funktionsminderung des ebenfalls durch den N. radialis versorgten M. triceps brachii einhergehen, sodass auch der Arm nicht mehr gestreckt werden kann und ein Ausfall bzw. eine Abschwächung des Trizepssehnenreflexes vorliegt.
Auch der Faustschluss ist bei Vorliegen einer Fallhand geschwächt. Dies kommt jedoch nicht durch eine Schwäche der Beugemuskulatur zustande, sondern liegt daran, dass die Beugemuskulatur durch die Fallhandstellung bereits in Ruhe verkürzt ist, wodurch kein kraftvoller Fausschluss mehr möglich ist. Das Phänomen lässt sich auch beim Gesunden beobachten, wenn in maximaler Beugestellung des Handgelenkes ein Faustschluss versucht wird. Nach passiver Streckung des Handgelenkes ist bei Patienten mit Fallhand ein ungestörter Faustschluss möglich.
Zusätzlich zu den motorischen Defiziten kommt es bei der N. radialis Schädigung auch zu sensiblen Ausfällen an der Hand und – je nach Lokalisation der Schädigung – auch am Unterarm. Zu einem kompletten Ausfall der Sensibilität kommt es an der Hand lediglich in einem kleinen autonomen Innervationsgebiet des N. radialis am Handrücken zwischen erstem und zweitem Mittelhandknochen (Os metacarpale I und II) (kräftig rotes Gebiet im Bild). Zu einer Abschwächung der Sensibilität kann es im nicht-autonomen Innervationsgebiet (schwach rotes Gebiet im Bild) kommen. Wegen des kleinen Autonomiebereiches des N. radialis und der zahlreichen anatomischen Varianten spielen die sensiblen Defizite jedoch klinisch und diagnostisch eine untergeordnete Rolle.
Das Versorgungsgebiet des N. radialis am Arm erstreckt sich über den unteren radialen Oberarm sowie die Streckseite des Unterarms.
Bilder der Fallhand
Fallhand (voll ausgeprägt)
Sensible Innervation der Hand durch den N. radialis.
Schwach-rote Bereiche: Nicht-autonomes Innervationsgebiet des N. radialis.
Kräftig-roter Bereich: Autonomes Innervationsgebiet
Sensible Innervation der Hand durch den N. radialis.
Die Handfläche wird überwiegend nicht sensibel durch den Nervus radialis innerviert.
Schwach-roter Bereich: Nicht-autonomes Innervationsgebiet des N. radialis.
Ursachen
Zu meist reversiblen Schädigungen des N. radialis und damit zu einer reversiblen Fallhand kommt es häufig durch zu eng anliegende Gipsverbände, falsche Lagerung des Patienten während einer Vollnarkose oder während des Nachtschlafes (oft unter Alkoholeinfluss, „Parkbanklähmung„) oder nach Anwendung eines Tourniquet-Abbindesystems („Tourniquetlähmung„). Eine obere Radialisparese mit zusätzlicher Triceps-Lähmung wird häufig durch die Anwendung von Unterarmgehstützen hervorgerufen, man spricht von einer „Krückenlähmung„.
Eine voll ausgeprägte, nicht spontan reversible Fallhand entsteht bei Durchtrennung des Nervs im Rahmen einer Oberarmfraktur, da der Nerv direkt am Humerus (Oberarmknochen) entlang verläuft. Auch bei ellenbogennahen Brüchen der Ulna (Elle) kann der Nerv geschädigt werden.
Therapie
Eine durch Druckschädigung (Gipsverband, Lagerung,..) verursachte Fallhand bessert sich in den meisten Fällen im Verlauf von einigen Tagen bis Monaten von selbst. Traumatische Schädigungen des N. radialis sollten operativ behandelt werden. Eine operative Rekonnektierung des Nervs ist Mittel der Wahl, jedoch nicht immer anwendbar und erfolgreich.
Ist eine Operation des Nerven nicht möglich oder nicht erfolgreich, so stehen zahlreiche funktionelle Operationsmethoden zur Verfügung, bei denen Sehnen intakter Muskeln verpflanzt werden. Eine häufig angewendete Technik ist beispielsweise der „Boyes-Transfer„. Nach diesen OPs muss die Streckung von Hand und Fingern mit Hilfe von Krankengymnastik und Ergotherapie neu erlernt werden.