Schwurhand

Als Schwurhand bezeichnet man in der Medizin eine Handstellung, die beobachtet werden kann, wenn ein Patient mit proximaler Schädigung (auf Höhe der Axilla / Achsel) des Nervus medianus (Mittelarmnerv) einen Faustschluss versucht.

Symptome

Durch den Ausfall der durch den N. medianus innervierten Beugemuskulatur der Finger ist bei einem vollständigen proximalen Funktionsausfall des N. medianus die Beugefähigkeit des Daumens und Zeigefingers vollständig aufgehoben, die des Mittelfingers teilweise aufgehoben.

Beim Versuch des Faustschlusses bleiben daher der Daumen und Zeigefiger vollständig, der Mittelfinger teilweise gestreckt.

Zusätzlich kommt es zur Pronationsschwäche (Schwäche der Einwärtsdrehung der Hand bzw. des Unterarms) sowie zu einem Ausfall der Sensibilität im autonomen Innervationsgebiet des N. medianus (distaler Zeige- und Mittelfinger, kräftig-roter Bereich im Bild) sowie evtl. zu einer Sensibilitätsminderung im nicht-autonomen Innvervationsgebiet (schwach-roter Bereich im Bild).

Bilder der Schwurhand

Schwurhand

Schwurhand bei Versuch des Faustschlusses

Sensibles Innervationsgebiet des N. medianus an der Handfläche

Sensible Innervation der Handfläche durch den N. medianus.

Schwach-rote Bereiche: Nicht-autonomes Innervationsgebiet des N. medianus.
Kräftig-rote Bereiche: Autonomes Innervationsgebiet.

Sensibles Innervationsgebiet des N. medianus am Handrücken

Sensible Innervation des Handrückens durch den N. medianus.

Schwach-rote Bereiche: Nicht-autonomes Innervationsgebiet des N. medianus.
Kräftig-rote Bereiche: Autonomes Innervationsgebiet.

Häufigkeit und Ursachen

Da proximale isolierte Läsionen des N. medianus äußerst selten sind, tritt auch das Vollbild einer Schwurhand nur sehr selten auf. Deutlich häufiger sind Schädigungen des Nerven in Handgelenksnähe, beispielsweise im Rahmen eines Karpaltunnelsyndroms. Bei diesen distalen Schädigungen kommt es nicht zur Ausbildung einer Schwurhand.

Eine tatsächliche proximale komplette Durchtrennung des N. medianus kann selten verletzungsbedingt auftreten. Teilschädigungen kommen vor bei muskulären oder vaskulären Anomalien im Axilla-Bereich, bei Vorliegen eines so genannten Struthers-Ligaments (ein bei etwa 1% der Bevölkerung ausgebildetes Band im Bereich mittleren bis distalen Humerus) und bei verdickter Fascia deltoideopectoralis.

Auch lagerungsbedingte Kompressionen des Nerven kommen vor, beispielsweise wenn nachts der Kopf des Lebensgefährten auf dem proximalen Oberarmbereich liegt („Paralysie des amants“). Diese Druckschädigungen haben eine sehr gute Prognose. Häufig treten sie nach Alkoholgenuss auf, da der Betroffene unter Alkoholeinfluss die beginnende Schädigung nicht rechtzeitig bemerkt und so eine Lageänderung ausbleibt. Im amerikanischen Sprachraum spricht man daher auch von der „Saturday night palsy“.

Betroffene Muskeln

Die folgenden Muskeln werden vom N. medianus versorgt und sind daher bei einer proximalen Schädigung betroffen:

Unterarm-Muskeln:

  • Musculus flexor carpi radialis
  • Radialer Anteil des Musculus flexor digitorum profundus
  • Musculus flexor digitorum superficialis
  • Musculus flexor pollicis longus
  • Musculus palmaris longus
  • Musculus pronator quadratus
  • Musculus pronator teres

Hand-Muskeln:

  • Musculus abductor pollicis brevis
  • Caput superficiale des Musculus flexor pollicis brevis
  • Musculus opponens pollicis
  • Musculi lumbricales I und II

Therapie

Die Therapie ist abhängig von der Ursache der Schädigung. Bei druckbedingter Schädigung kommt es in der Regel innerhalb einiger Wochen von selbst zu einer Rückbildung der Symptome. Liegt der Schädigung eine anatomisch bedingte Kompression, beispielsweise druch ein Ligament oder eine Faszie zugrunde, so ist eine operative Dekompression sinnvoll. Bei verletzungebedingter Durchtrennung des Nerven kann dieser unter Umständen operativ rekonnektiert werden.

Siehe auch