Das Rückenmark ist das zentrale Nervenbündel, das die Information von und zum Gehirn und in den Körper bringt. Es ist quasie eine Verlängerung des Gehirns und Teil des zentralen Nervensystems. Alle Informationen die aus Armen, Beinen, Rumpf als Wahrnehmungen zum Gehirn gelangen müssen über die Hinterhörner des Rückenmarkes und dann die langen Bahnen der Hintersäulen ihren Weg nehmen. Wenn von unserem Gehirn ein Bewegungsimpuls zu Armen oder Beinen geleitet wird, muss er seinen Weg über das Rückenmark nehmen und dann über die Vorderwurzeln und peripheren Nerven zu den Muskeln gelangen. Verletzungen oder Erkrankungen des Rückenmarkes sind deshalb gefürchtet, hier laufen viele wichtige Bahnen für die Kontrolle unseres Empfindens, der Ausscheidung, der Sexualität und der Motorik auf engem Raum nebeneinander verlaufen. Ein Schaden kann daher alle von den darunterliegenden Segementen versorgten Funktionen beeinträchtigen. Obwohl Wege dahin erforscht werden und Tierversuche Hoffnung machen, ist es bisher nicht möglich das beschädigte Rückenmark zu reparieren. Wie im Gehirn ist das Rückenmark von den selben 3 Hirnhäuten umgeben. Das Rückenmark wird vom knöchernen Wirbelkanal geschützt. Es ist beim Erwachsenen mittlerer Größe ca. 45 cm lang und verläuft im Wirbelkanal der Wirbelsäule, die durch 30 Wirbel : 7 Hals-(cervikal-), 12 Brust-(thorakal-), 5 Lenden-(lumbal-), 5 Kreuz-(sacral-) und 1-2 Coccygealsegmente gebildet wird. (C1 und C2 sind die ersten beiden Halswirbel, T8 ist der 8. Brustwirbel), L5 entsprechend der 5. Lendenwirbel. Das Rückenmark selbst ist kürzer als die knöcherne Wirbelsäule. Entsprechend sind die Austrittspunkte der Spinalnerven höher angesiedelt als die entsprechenden Wirbel. Das eigentliche Rückenmark endet mit dem Conus medularis. Die Nervenwurzeln ziehen dann als Cauda equina, wie ein Pferdeschweif nach unten zu den entsprechenden Austrittspunkten.
Nicht-traumatische Gründe für Rückenmarksschäden | |
Ursache | Erkrankung |
angeboren oder entwicklungsbedingt | Hypoxische Hirnschädigung mit Spastik, Dysraphie, Diastematomyelie, Spina bifida |
Degenerative ZNS Erkrankungen | Amyotrophe Lateral Sklerose, Friedreich’sche Ataxie, erbliche spastische Paraparese, infantile neuroaxonale Dystrophie, Pelizaeus-Merzbachersche Erkrankung, Canavan’sche Erkrankung, spinale Muskelatrophie |
Genetisch, Stoffwechselstörung | Glutathion, ß-Methylcrotonylglycinurie, Gangliosidose, Myelin Protein zero, Adrenomyeloneuropathie, Abetalipoproteinämie, Vitamin B12 Mangel |
Infektionen | Transverse Myelitis: viral (Herpes simplex Virus, Varicella-zoster Virus, Cytomegalovirus, Humane T Zell Leukämie Virus-1, HIV, Poliovirus); bakteriell (TBC, Mycobacterium spp); Pilze (Cryptococcus); Parasiten (Toxoplasma gondii, Schistostoma mansoni) |
Entzündlich | Multiple Sklerose, idiopathische transverse Myelitis |
Ischämisch | Arteriell und Venös: Aortendissektion, Herzstillstand, systemischer Hypotonus, Atheriosklerose, Thrombosen, Embolien, iatrogen (Aortenoperation), Arteriovenöse Malformationen |
Verletzungsfolgen | spät auftretende Funktionsstörungen, Syringomyelie |
Rheumatologisch und degenerativ | Spondylolyse, Spinalkanalstenose, Bandscheibenvorfall, Morbus Paget, rheumatoide Arthritis, Verkalkung des Ligamentum longitudinale posterior |
Toxisch | Methotrexat, Cytosin Arabinosid, Strahlenschaden |
Tumore | Primäre und metastatische (intramedullär und extramedullär) |
ZNS=Zentralnervensystem. Aus:John W McDonald, Cristina Sadowsky , Spinal-cord injury Lancet 2002; 359: 417-25 [Full Text] [PDF] |
ASIA impairment scale | |
Grad | Beschreibung |
A | Komplett; keine sensorische oder motorische Funktion in |
den sakralen Segmenten S4-S5 | |
B | Inkomplett; sensorische aber keine motorische Funktion erhalten |
unterhalb der neurologischen Höhe der sakralen Segmenten S4-S5 | |
C | Inkomplett; motorische Funktionen erhalten |
unterhalb der neurologischen Höhe, die meisten Muskeln haben einen Kraftgrad <3/5 | |
D | Inkomplett; motorische Funktionen erhalten |
unterhalb der neurologischen Höhe, die meisten Muskeln haben einen Kraftgrad >3/5 | |
E | Normale motorische und sensorische Funktion |
Maynard FM Jr, Bracken MB, Creasey G, et al. International standards for neurological and functional classification of spinal cord injury: American Spinal Injury Association. Spinal Cord 1997; 35: 266-74. [PubMed] |
Übersicht über die Problembereiche bei der Behandlung von Rückenmarksverletzungen | ||
Medizinisch | Chirurgisch | Rehabilitativ |
Spinale Stabilisation: Immobilisation der Wirbelsäule während des Transportes und der Wiederbelebung | Internale Fusion/Instrumentation; externale Orthosen | |
Kardiovaskulär: hämodynamische Instabilität; autonome Dysfunktion; Thromboembolien | Symptomatische Behandlung chronischer hämodynamischer Probleme; autonomer Dysreflexie | |
Atmung /Lungenfunktion: Ateminsuffizienz, Atelektasen; Pneumonien; | Tracheostoma | Vorbeugende Versorgung; physikalische Übungsprogramme |
Gastrointestinales System: Ileus; Kotsteine, Verstopfung, Magen- und zwölffingerdarmgeschwüre; Reflux, Gallensteine | Übungen/mechanische geregelte Kontinenz- programme; präventive gastrointestinale Versorgung | |
Urogenitalsystem: Harnwegsinfekte; Hydronephrose; Zysto/Nephrolithiasis | Suprapubische Katheter, Penis-Implantate; Lithotripsie; Sphinkterotomie | Programme zum Training der Kontinenz; präventive Versorgung der Blasen und Sexualstörungen, |
Dermatologisch: Druckgeschwüre | Entfernen von Nekrosen, Hautverpflanzungen.. | Vorbeugung in der Pflege durch entsprechende Lagerung. |
Muskuloskeletales System: Osteoporose; heterotope Ossifikation; Knochenbrüche. Ermüdungsfrakturen, akute und chronische Schmerzen | Behandlung später neurologischer Komplikationen: Syringomyelie; fokal Nerven- entrapments; zentraler Schmerz, Spastik; spinale Instabilität; Implantation intrathekal „Drug-delivery Systeme | Vorbeugung und Behandlung muskuloskeletaler Komplikationen: Kontrakturen; Spastik; Haltungsabnormalitäten; Skelett- deformitäten; Langzeit intrathekale medikamentöse Behandlung |
Funktionales Retraining in der Selbstversorgung; Mobilität; psychosoziale Anpassung; berufliche und Freizeit relevante Fähigkeiten, Versorgung mit Hilfsmitteln, behinderten gerechte Wohnung, Rollstuhl, umgerüstetes Auto, Orthesen.. | ||
Aus:John W McDonald, Cristina Sadowsky , Spinal-cord injury Lancet 2002; 359: 417-25 [Full Text] [PDF] |
Quellen / Literatur:
MedlinePlus Linksammlung zur Anatomie und zu den Erkrankungen des Rückenmarkes Myelopathie, zervikale Multiple Sklerose Michael Payer Spinale Tumoren Teil 1: Intramedulläre Tumoren Schweiz Med Forum 2008;8(38):705–709 Ouerschnittsmyelitis, akute Querschnittlähmung Klassifikation nach Lähmungsausmaß Lateralsklerose amyotrophische Meningeom Lumbalpunktion