Soziale Phobien sind die häufigsten Angsterkrankungen, im Gegensatz zu anderen Angsterkrankungen, sind sie zumindest nach manschen Studien bei Männern häufiger. Zeitlebens sollen etwa 7-12% der Bevölkerung betroffen sein, innerhalb eines Jahres sollen 3-5% betroffen sein. Schüchternheit und Soziale Phobie überlappen sich, und unterscheiden sich überwiegend im Schweregrad und den Kompensationsmöglichkeiten. Schüchterne Menschen leiden häufiger unter einer Sozialen Phobie als nicht schüchterne Menschen. 35% der Schüchternen erfüllen Kriterien für Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung (Achse II nach DSM). Schüchternheit erhöht das Risiko für soziale Phobien. Das Krankheitskonzept der Sozialen Phobie geht über eine schwere Schüchternheit hinaus. Schüchternheit ist auch ein Risikofaktor für andere psychische Störungen wie Depressionen, Agoraphobie, .Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung, Suchterkrankungen. Nur wenige schüchterne Kinder, und entwickeln später eine soziale Phobie und viele von diesen haben zusätzliche andere Risikofaktoren wie eine positve Familienanamnese für soziale Phobien. Etwa 50% der Menschen mit sozialer Phobie haben keine besondere Schüchternheit in der Kindheit in Erinnerung. Kindliche Schüchternheit ist also keine Bedingung für die Entwicklung einer sozialen Phobie, und auch kein Synonym für soziale Phobie. Menschen mit sozialen Phobien wollen an sich Kontakte. Wenn sie auf andere Menschen treffen, spüren sie eine intensive innere Angst, die die Anderen meist nicht wahrnehmen. Sie vermeiden Blickkontakt, fürchten nicht gemocht, als dumm oder langweilig empfunden zu werden. Sie vermeiden es vor Gruppen zu sprechen, vermeiden es oft ihre Meinung zu sagen, und vermeiden unbekannte soziale Situationen. Durch ihre Symptome wirken sie für andere oft hochnäsig, weil sie den Blickkontakt meiden oder aus Angst das Grüßen meiden. Soziale Phobien sind ein Situationsangst mit nachfolgendem Vermeidungsverhalten. Die Angst wird zwar als nicht hinreichend begründet, dafür aber als so ausgeprägt erlebt, dass man sich aus eigener Kraft kaum von ihr lösen kann. Es handelt sich also um eine Zwangsbefürchtung (Fachausdruck: Phobie). Die soziale Phobie bezieht sich stets auf Handlungen, die sich unter den Augen von Drittpersonen abspielen, die das Verhalten nicht nur beobachten, sondern möglicherweise auch kritisieren könnten. Sie äußert sich nicht nur in Ängsten vor Examina, öffentlichem Auftreten u. a.. Angst davor im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen haben aber ganz offensichtlich viele Menschen. Angst vor dem öffentlichen Reden geben immerhin 4 von 10 Menschen an. Man kann diese Angst vor der öffentlichen Blamage oder davor in der Öffentlichkeit kein Wort herauszubekommen, alleine schon wegen ihrer Häufigkeit nicht als entscheidendes Kriterium einer sozialen Phobie nehmen. Das völlige Fehlen einer solchen Angst sieht man heutzutage regelmäßig in den oft geschmacklosen Talkshows im Nachmittagsprogramm des Fernsehens, wo Menschen öffentlich jede Peinlichkeit kundtun und sich real dauerhaft furchtlos ihren Ruf ruinieren. Hier täte etwas mehr Scham und Angst vor dem öffentlichen Auftritt not. Es gibt also auch eine sinnvolle Angst vor dem öffentlichem Auftritt, die gesunden Menschen hilft ihren Intimbereich und ihre persönliche Integrität zu schützen. Andererseits müssen auch gesunde Menschen ihre öffentlichen Auftritte üben. Kommunikationsfähigkeit und Führungsfähigkeit lassen sich lernen. Hierzu sind zwar auch angeborene Fähigkeiten und Charme nützlich, das Erlernen einer Verbesserung der Körpersprache, die Benutzung von Hilfsmitteln, das Setzen einer Pointe, oder das Vermeiden von „Ähs“ und vor allem Übung hilft auch bei gesunden Menschen die Ängste vor der Öffentlichkeit zu vermindern. Soziale Phobien müssen von gesunden Ängsten und gesundem Schamgefühl, normalem Lampenfieber, normaler Schüchternheit, allgemeiner Selbstunsicherheit und auch von anderen Angststörungen unterschieden werden.
Schwerpunkt der Ängste bei einer sozialem Phobie sind nicht die ganz besonderen Anlässe sondern vielmehr Ängste in alltäglichen Situationen, nämlich die Angst vor gesellschaftlichen Anlässen: Partys, Einladungen, Restaurants, Freunde, vor allem aber fremde Menschen treffen müssen, insbesondere des anderen Geschlechts. Also die Angst in Gegenwart anderer das Wort ergreifen, essen, trinken, schreiben, telefonieren, die Angst, ein Geschäft, ein Büro betreten zu müssen usw. Siehe auch Prof. Dr. Faust Soziale Phobie (39KB) Bei Menschen mit sozialen Phobien konnte so kürzlich mittels funktioneller Kernspintomographie dargestellt werden, dass bei Menschen mit dieser Störung eine wesentlich stärkere Aktivierung der Amydala nach Darbietung von Bildern mit Gesichtern mit ablehnender, ärgerlicher oder verachtender Mimik erfolgt, als dies bei nicht betroffenen Menschen der Fall ist. Die vermehrte Ängstlichkeit und Kränkbarkeit war also im Experiment im Hirnstoffwechsel darstellbar. Noch interessanter ist, dass auch die Besserungaussichten unter Behandlung darstellbar sind. Patienten mit einer sozialen Phobie die mit einem Medikament behandelt wurden, zeigten im Hirnstoffwechsel in einer anderen Studie an den selben Stellen eine Normalisierung wie dies bei Patienten der Fall war, bei denen sich die Symptome mit Verhaltenstherapie besserten. Solche Experimente zeigen nicht nur, dass Psychotherapie und Antidepressiva letztlich im Gehirn zu den selben Veränderungen führen. Sie machen eventuell zukünftig Behandlungsmethoden besser auf ihre Wirksamkeit prüfbar. Vielleicht sind sie sogar zukünftig ein brauchbarer Bestandteil der Diagnostik psychischer Störungen.
Risikofaktoren für die Entwicklung einer sozialen Phobie im Jugendalter
Es ist wahrscheinlich, daß eine Wechselwirkung von genetischen und Umweltfaktoren für die Entstehung von sozialen Phobien verantwortlich ist. Eine wesentliche Bedeutung bezüglich der Umweltfaktoren könnte das Fehlen von Möglichkeiten zum Modellernen bei mangelnden Vorbildern sein. Vorstufe ist oft eine Verhaltenshemmung bei Kindern, sie neigen dazu auf Problemsituationen mit Rückzug, Zurückhaltung, Angst, Schüchternheit und Hemmung zu reagieren. Genetische Veranlagungen spielen aber ebenfalls eine Rolle, wie Zwillingsstudien belegen. Das Gen ist noch nicht bekannt. Überängstliche elterliche Verhaltensweisen können das Vermeidungsverhalten begünstigen. Menschen mit sozialen Phobien wurden nach Studien nicht häufiger als Kinder misshandelt als andere Menschen. Traumen scheinen in der Entstehung keine Rolle zu spielen. Baumann, U. & Perrez, M. (Hrsg.). (1998). Lehrbuch Klinische Psychologie – Psychotherapie (2. Auflg.). Bern: Huber, Chavira DA, Stein MB. Childhood social anxiety disorder: from understanding to treatment. Child Adolesc Psychiatr Clin N Am 2005; 14: 797-818
soziale Phobie der Eltern | 4,7 |
Depression der Eltern | 3,6 |
Andere Angsterkrankungen außer sozialer Phobie bei den Eltern | 3,5 |
Alkoholmißbrauch der Eltern | 3,0 |
Überbehütung durch die Eltern | 1,4 |
Ablehnung des Kindes | 1,4 |
% gesamt | % mit komorbider Störung | |
I. Affektive Störungen | ||
Major Depression oder Dysthyme Störung | 5,2 | 43,0 |
Manie | 0,2 | 0,0 |
II. Angst Störungen | ||
Panik Störung | 1,3 | 21,7 |
Agoraphobie | 1,2 | 40,5 |
Soziale Phobie | 4,7 | 44,9 |
Spezifische Phobie | 5,3 | 43,4 |
GAD | 1,5 | 30,9 |
PTS | 2,2 | 38,5 |
III. Substanzstörungen | ||
Alkoholabhängigkeit | 4,6 | 61,0 |
Drogenabhangigkeit | 1,9 | 36,6 |
Irgendeine Störung | 18,2 | 66,6 |
30 Tage Prevalenz von DSM-III-R Störungen im U.S. National Comorbidity Survey |
Wie sehr behindert eine soziale Phobie
Index der Behinderung bei Sozialer Phobie Social Phobia Symptoms, Subtypes, and Severity: Findings From a Community Survey Arch Psych Nov 2000 Untersuchung bei etwa 2000 repräsentativ ausgewählten Personen | in % Personen mit sozialer Phobie (n=138) | in % Personen mit sozialen Ängsten die nicht so ausgeprägt sind, daß eine soziale Phobie diagnostiziert werden kann (n=281) |
Bei der Schulbildung | ||
stark | 22 | 9 |
etwas | 27 | 20 |
wenig | 25 | 30 |
gar nicht | 25 | 41 |
Einen Kurs oder die Schule abgebrochen wegen der Ängste | ||
ja | 49 | 25 |
nein | 51 | 75 |
Schwierigkeiten einen Arbeitsplatz zu bekommen | ||
stark | 20 | 6 |
etwas | 23 | 14 |
wenig | 17 | 22 |
gar nicht | 39 | 58 |
Einen Arbeitsplatz abgelehnt oder auf eine Beförderung verzichtet wegen der Ängste | ||
ja | 17 | 10 |
nein | 83 | 90 |
Beinträchitgung im Privatleben | ||
stark | 21 | 3 |
etwas | 30 | 21 |
wenig | 34 | 28 |
gar nicht | 15 | 48 |
Beeinträchtigung anderer Aspekte des Lebens | ||
stark | 15 | 1 |
etwas | 36 | 17 |
wenig | 36 | 37 |
gar nicht | 14 | 45 |
Dabei war in der Untersuchung ein direkter Zusammenhang der Behinderung mit der Anzahl der situationsbezogenen Ängste nachweisbar. |
Was macht eine soziale Phobie aus?
Die Soziale Phobie ist eine persistierende, an die Gegenwart anderer Menschen gebundene Angst. Innerhalb der Phobien ist die Soziale Phobie die zweit- oder dritthäufigste Angststörung. Ungefähr ein Viertel aller Angstpatienten leidet an Sozialangst. In älteren Studien fand man heraus, daß Männer wie Frauen gleichermaßen betroffen sind. Neueste Forschungsergebnisse widerlegen dies. Demnach leiden mehr Männer als Frauen unter sozialen Ängsten. Ihre Ausprägung beginnt im Jugendalter, mit etwa 18 Jahren. Am meisten sind Singles betroffen. Je nach Studie fand man 36-68% der Sozialphobiker ohne Partner. Eine weitere Analyse zusammengetragener Fakten zeigt, daß die Soziale Phobie alle sozialen Schichten sowie Menschen unterschiedlichster Bildungsgrade gleichermaßen befällt.
Die Soziale Phobie wird umschrieben als eine hartnäckige Angst vor Situationen, in der die betroffene Person einer möglichen kritischen Beurteilung durch eine oder mehrere andere Personen ausgesetzt ist. Der Betroffene selbst findet seine Angst übertrieben, kann sie aber nicht beseitigen. Daraus entsteht ein Vermeidungsverhalten, d.h. eine Abneigung gegen persönliche Kontakte, berufliche Aktivitäten, die zwischenmenschliche Kontakte voraussetzen, aus Furcht vor Kritik, Mißbilligung oder Ablehnung. Häufig hat das eine eingeschränkte Lebensweise zur Folge. Bei der nicht-generalisierten Form sind die Ängste eingegrenzt auf z.B. Sprechen in der Öffentlichkeit, Essen mit anderen Menschen, sich vorstellen, Kontakt mit dem anderen Geschlecht, usw. Der Sozialphobiker ist von sich überzeugt, sozial unbeholfen, unattraktiv und minderwertig im Vergleich zu anderen zu sein. Bei jedem Menschen gibt es eine Grenze, an der er anfängt, darüber nachzudenken, was andere über ihn denken. Würde das nicht so sein, gäbe es keine gesunde Achtung und Respekt voreinander. Menschen würden bei sommerlichen Temperaturen vielleicht unbekleidet die Straße passieren. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt, wenn es überhaupt nicht interessiert, was andere davon halten. Ein gesundes Schamgefühl ist nicht nur sinnvoll, sondern sogar notwendig. Nur dadurch ist ein vernünftiges Zusammenleben in einer Gesellschaft möglich. Die Grenze ist fließend, jedoch gibt es einen klar zu definierenden Punkt, ab dem von einer sozialen Phobie die Rede ist: Kontaktangst, die über die normale Schüchternheit hinaus geht, das heißt übertriebene Sorge vor Mißbilligung, Kritik und Blamage, Angst vor autoritärem Verhalten, die Unfähigkeit, eigene Bedürfnisse anzubringen, nicht „Nein“ sagen zu können und allgemeine Konfliktunfähigkeit. Leidet der Betroffene unter diesen Befürchtungen, vermeidet er soziale Kontakte und ist sein privates und berufliches Leben dadurch stark eingeschränkt, z.B. weil er sich nicht mehr aus der Wohnung traut , dann tritt Behandlungsbedürftigkeit ein. Engumschriebene Sozialphobien ( z.B. nur Furcht vor öffentlichem Sprechen) sind eher selten. Meist erstreckt sich die soziale Phobie auf mehrere Bereiche, wie Gespräche mit dem Chef, Prüfungen, Arztbesuche, Partys, Gaststätten oder das Knüpfen neuer Kontakte. Die Soziale Phobie geht mit sichtbaren körperlichen Begleiterscheinungen einher. Die häufigsten unter ihnen sind das Erröten, Sprechhemmungen wie Stottern und Versprechen, schweißnasse Hände, eine verkrampfte Körperhaltung, Flecken an Gesicht und Hals, sowie Zittern. Der Sozialphobiker hat Angst, daß man ihm die Nervosität ansieht, auch vor den Konsequenzen, die bedeuten könnten, allein zu sein, nicht gemocht zu werden, mit anderen nicht zurecht zu kommen. Die körperlichen Symptome stellen für die meisten Sozialphobiker das eigentliche Problem dar. Diese werden als Grund für weitere Ablehnungen oder negative Bewertungen empfunden. Ein wesentliches Merkmal der Sozialen Phobie ist das Phänomen der Angst vor der Angst. Schon in der Erwartung (z. B. Erhalt der Einladung zur Betriebsfeier) der befürchteten Situation treten die körperlichen Symptome zu Tage. Allein die Vorstellung bereitet körperliche Beschwerden (Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Herzrasen, Würgegefühl; Bluthochdruck). Der Mensch, auf den sich die Ängste beziehen, reagiert wiederum auf das ängstliche Verhalten und dadurch wird die Situation noch komplizierter. Die betreffende Leistung wird tatsächlich beeinträchtigt. So beschwört der Sozialphobiker unnötigerweise genau die Situation herauf, vor der er sich fürchtet.
Typische Befürchtungen bei sozialen Phobien
- Überall; andere sehen mich als „krank“ oder „unkontrolliert“ an, merken, dass mit mir etwas nicht stimmt. Ich werde beobachtet. Ich kann weniger und habe weniger zu sagen. Ich muss in jeder Situation mir oder anderen etwas beweisen. Ich muss ständig beobachten, ob andere mich akzeptieren, verständnisvoll oder zurückweisend sind.
- Vor der Verabredung; mir könnte kein Gesprächsthema einfallen (negative Erwartung), Ich werde nervös aussehen (negative Erwartung), was ich sage ist nicht interessant genug (Selbstabwertung), meine Gesprächsthemen sind entweder faszinierend oder ermüdend (Schwarz/Weiss Denken), ich muss unbedingt für andere interessant sein (hohe Selbsterwartung)
- Soziale Situationen führen unausweichlich zu: – Peinlichkeit – Zurückweisung- Erniedrigung – Statusverlust
- Beim Essen oder Trinken; könnten meine Hände zittern, könnte mir die Gabel oder Tasse aus der Hand fallen, könnte es mir schlecht werden, könnte ich auf einmal wegen eines Kloßgefühls im Hals nichts mehr herunterschlucken
- An öffentlichen Orten könnte ich auf einmal zittern, schwitzen oder erröten, könnte ich mich ungeschickt benehmen, könnten alle auf mich schauen,
- Beim Schreiben könnten meine Hände zu zittern beginnen, so dass nur noch Kritzeleien entstehen, könnte ich versagen, könnten andere mich für einen Analphabeten halten
Auslöser für selbstunsicheres Verhalten
Selbstunsicheres Verhalten ist charakterisiert durch soziale Ängste, mangelnde soziale Fertigkeiten, unzweckmäßiges Sozialverhalten, gestörtes Selbstwertgefühl.
Auslöser sind häufig
- öffentliche Beachtung, Misserfolg, Fehler, Kritik
- Befangenheit im sozialen Kontakt
- Ablehnen von Forderungen anderer («Nein-Sagen»)
- eigene Ansprüche, Rechte durchsetzen
- Normenverletzungen
Als Reaktion auf die Angst folgt häufig eine Vermeidungsverhalten bezüglich der Situationen, in denen man befürchtet, dass die die Angst auftreten könnte. Die Angst wird dabei vorweggenommen, die Situation wird so umgedeutet, dass die Angst bestätigt wird. Dadurch nehmen soziale Verhaltensdefizite zu, der Betroffenen wirkt dann manchmal auch tatsächlich ungeschickt in seinen verbalen Äußerungen, seiner Mimik und Gestik und seinen Handlungen. Es kommt nicht selten zu sozial inadäquates Verhalten. Meist ist dies ungeschickt, manchmal sogar tatsächlich wie befürchtet situationsinadäquat und selten auch aggressiv. Das negative Selbstbild, oder Selbstkonzept bestätigt sich, es kommt mehr und mehr zu einer Vorwegnahme von Misserfolg und Ablehnung und zu einem Herabsetzen eigener Fertigkeiten und Eigenschaften, Fremdlob wird abgelehnt.
Grundzüge der Therapie der sozialen Phobie
Jedes Übungsprogramm muss auf die speziellen Probleme des einzelnen Patienten zugeschnitten werden. Oft ist aber gerade bei sozialen Phobien eine Gruppenbehandlung sinnvoll. Soziale Phobien können zu Defiziten im Bereich sozialer Fertigkeiten führen (insbesondere bei Beginn in der Kindheit und ebenfalls betroffenen Eltern), aber auch aus diesen herrühren. Hier müssen die speziellen sozialen Fertigkeiten, die defizitär sind geübt werden, z.B. in Rollenspielen aber natürlich auch in realen Situationen. Sozial angemessenes Verhalten ist lernbar. Ein Kompetenz-Training und/oder Selbstsicherheitstraining ist hier manchmal vor eine Konfrontation mit den angstauslösenden Situationen erforderlich. Einem Training in der realen Situation muss manchmal sinnvollerweise ein Training in der Phantasie vorausgehen. Selbstsicheres Verhalten kann gelernt werden. Dieses setzt den Willen, für sich selbst zu entscheiden voraus. Blockierende, unangenehme Gefühle (Unsicherheit) muss man dabei zu nächst aushalten lernen um sie zu verlernen. Die Wahrnehmung und Bewertung der eigenen Person wie der sozialen Situation und der anderen muss kritisch überprüft werden. Nur durch Zulassen von Irrtümern lässt sich wirkungsvolles und zweckmäßiges Verhalten erlernen. Ziel ist sich Fehler zu erlauben, Kritik vertragen können, nicht fehlerfrei zu werden. Forderungen zu stellen kann man lernen, Voraussetzung ist auch hier, dass der Umgang mit Ablehnung wie die Kompromissfähigkeit Bestandteile des Fordern sein sollten.
Dabei geht es zwar um das bessere Durchsetzen eigener Vorstellungen und Wünsche, dies setzt aber voraus, Wünschen, Erwartungen und Forderungen anderer zu erkennen und berücksichtigen (und deren Berechtigung abwägen). Einfühlungsvermögen ist eine Voraussetzung für sicheres Auftreten in Gruppen. Spielraum und Sachzwänge sozialer Strukturen müssen analysiert und berücksichtigt werden. Das Verhalten muss flexibel den Besonderheiten der sozialen Situation angepasst werden können. Wenn möglich sollte man dabei auch keine unangemessene Aggressionen zeigen. Ein positives Selbstvertrauen, und Selbstwertgefühl entwickeln sich langsam durch ein entsprechendes Training. Soziale Kontakte müssen wenn sie aufgenommen wurden auch aufrechterhalten und gepflegt werden. Schnellere Konfrontation führt zu schnellerem Erfolg. Hierfür ist eine kompetente vorausgehende Aufklärung über den Umgang mit der Angst erforderlich. Häufig ist eine negativ verzerrte Selbstwahrnehmung vorhanden. Der Betroffene sieht sich nur als Verlierer und Versager. Das Risiko einer begleitenden Depression ist in diesem Fall besonders groß. Hier muss auch die begleitende Depression mitbehandelt werden. Sinnvoll ist dabei im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie sich mit diesen automatisierten negativen Gedanken auseinander zu setzen, diese zu überprüfen und langsam zu einer realistischen Selbsteinschätzung zu kommen. – Also nicht zu „Positivem Denken“ sondern zu realistischem Denken. Je mehr die Vermeidung im Vordergrund steht, um so mehr muss in der Behandlung eine Konfrontation mit der entsprechenden Situationen im Vordergrund stehen. In diesem Fall sollte das Lernen sozial angemessenen Verhaltens in Konfrontation mit den gefürchteten Situationen geübt werden. Wichtig ist dabei zunächst das Erkennen der Problemspirale: Angst => Vermeidungsverhalten, negative Gefühle => selbstunsicheres Verhalten vermindertes Zutrauen => noch mehr selbstunsicheres Verhalten => Ablehnung durch andere=> neue angstauslösende Situation usw.
Manchmal sind hier auch unterstützend Medikamente (Antidepressiva wie Moclobemid oder SSRI) erforderlich. Die verhaltenstherapeutische Behandlung steht aber im Vordergrund. SSRI und Moclobemid sind unzweifelhaft wirksam.Je nach Schwere der Symptome und Begleiterkrankung ist eine Kombination von Medikamenten und Verhaltenstherapie indiziert, nur selten ist es sinnvoll alleine mit Medikamenten zu behandeln. Soziale Phobien sprechen auf eine medikamentöse Behandlung mit SSRI oder Moclobemid an. SSRI sind vermutlich etwas wirksame als Moclobemid, mit allerdings auch häufigeren Nebenwirkungen (diese nehmen zwar unter Behandlung ab und sind meist gut erträglich, gerade bei Angstpatienten können auch geringere Nebenwirkungen als sehr störend empfunden werden). Dabei ist sowohl eine akute Wirksamkeit als auch eine rezidivprophylaktische Wirksamkeit gesichert. Es werden Behandlungsintervalle von mindestens einem Jahr empfohlen, dabei soll innerhalb des ersten halben Jahres der Effekt zunehmen. Es gilt hier also ähnliches wie bei anderen Angsterkrankungen, Zwangsstörungen oder Depressionen.
Wenn Ihr Psychotherapeut mit Ihnen nicht bespricht, wie Sie in den entsprechenden Situationen den Umgang mit Ihrer Angst üben können, ist es unwahrscheinlich, dass die Therapie hilft. In-vivo Übungen nach Wlazlo et al. 1995:
- sich im Bus laut etwas zurufen (oder im Bus ein Gespräch führen über eine größere Entfernung)
- sich Cafés anschauen, Geld zählen und dann wieder rausgehen, ohne etwas zu bestellen
- sich auf einen stark frequentierten Platz stellen und Menschen beobachten (mit direktem Blickkontakt)
- mit erhobenen Händen durch die Straße gehen
- mit offenen Regenschirm durch ein Kaufhaus gehen (oder draußen, ohne dass es regnet)
- auf stark frequentiertem Platz ein Buch laut lesen und die Reaktionen anderer Menschen beobachten
- andere Personen nach persönlicher Meinung fragen (z.B. was halten Sie von diesem Lokal ?)
- sich im Geschäft beraten lassen und Verkäufer(in) möglichst lange beanspruchen
- „Blamierübungen“ (z.B. nach Orten fragen, wo man sich gerade befindet, nach Orten fragen, die nicht in der Stadt sind wie nach der Reeperbahn in München)
- im Delikatessengeschäft die geringste Menge verlangen (z.B. 1 Apfel)
- in Lokalen, Restaurants etwas absichtlich fallen lassen, ausschütten, einen Stuhl umwerfen; sich zu jemandem setzen und ein Gespräch anfangen
- an der Kasse wegen Geldmangel etwas zurücklegen lassen
- eine fremde Person bitten, eine Skizze zu zeichnen vom Weg, den man gehen muss
- im Geschäft Verkäufer(in) motivieren, selbst etwas anzuprobieren
- andere Kunden im Geschäft ansprechen z.B. über gemeinsam betrachtete Waren
- im Lokal andere Leute ansprechen, zuerst einfache Gespräche, dann immer komplexer („vielen Dank für das nette Gespräch“)
- im Lokal oder auf der Straße eine Verabredung treffen, z.B. jemand zum Kaffee einladen
- im Tanzlokal fremde Personen zum Tanz auffordern oder auf Aufforderungen eingehen
- beim Tanz ein Gespräch führen bzw. zum Gespräch nach dem Tanz einladen
Es ist allgemein bekannt, dass die Amygdala bei Ängsten eine wichtige Rolle spielen. Auch der Hippocampus spielt eine wichtige Rolle im zerebralen Angstnetzwerk und trägt dazu bei traumatische Situationen im Gedächtnis zu behalten und bei Wiederholungen ein Vermeidungsverhalten zu entwickeln. Eine aktuelle Studie zeigt den Blutfluss und Sauerstoffverbrauch im Gehirn bei Patienten mit sozialer Phobie mittel PET- Untersuchung mit Wasser das mit O15 markiert war während einer Aufgabe wie Sprechen in der Öffentlichkeit. In den rostralen-ventralalen (subgenualen) Gyri cinguli entsprechenden den Areas 25/32 und im affektiven Teil der vorderen Gyri cinguli entsprechenden den Areas 24/33 zeigten symptomatische Patienten einen deutlich erhöhten Hirnstoffwechsel. Bereits 9 Wochen nach Beginn einer Behandlung mit kognitiver Verhaltenstherapie oder Citalopram normalisierte sich der Blutfluss, während er bei Patienten auf der Warteliste unverändert blieb. Auch andere Studien hatten bereits einen Habituationseffekt in der Hirndurchblutung zeigen können.